Tabea Hawkins, 08.05.2025
Wir lieben sie zu hassen und hassen sie zu lieben, die Femme Fatale. Schon seit der Antike werden mächtige Frauen gefürchtet, sei es auf Grund von magischen Fähigkeiten, wie Medea oder Circe, oder ihrer Sexualität, mit der sie die Männer um den Verstand bringen und sich hörig machen, wie Lilith oder Eva. Morgan le Fay verbindet beide Aspekte in sich als moralisch ambivalente Verführerin und Zauberin. Tabea Hawkins gibt uns einen Einblick in die verschiedenen Darstellungen von le Fay in der Artus-Sage.
Mythologische Ursprünge
Morgan le Fay – abgeleitet aus dem Französischen Morgan die Fee–, ist eine mythische Figur aus der Artussage. Es wurde auf Grund des Namens auch schon spekuliert, ob sie sich aus der irischen Göttin Morrígan entwickelt haben könnte, der gestaltwandelnden Göttin für Kampf und Krieg, aber auch Schicksal, die in manchen Erzählungen außerdem Fruchtbarkeit oder Sexualität repräsentieren kann. Auch die walisische Muttergöttin Modron könnte in die Figur mit eingeflossen sein. Letzten Endes gibt es eine ganze Reihe an Sagenstoffen und Figuren, die in Wiedererzählungen zusammengenommen oder verändert werden. Diese Flexibilität ist es schließlich auch, was Mythen am Leben erhält. Morgan le Fay hat bis heute viele verschiedene Formen und Namen angenommen unter denen wir sie kennen. Manchmal wird sie als menschliche Frau beschrieben, die allerdings immer magische Fähigkeiten hat, manchmal ist sie eine Feenkönigin oder gar eine Göttin, aber zunächst erscheint sie als ein guter Einfluss im Leben König Artus, als eine übernatürliche Heilerin und Verwandte, die seinen Leichnam nach Avalon bringt.
Adaptionen im Mittelalter
Im Mittelalter wird die Legende um König Artus und seine Ritter der Tafelrunde in vielen Texten und Geschichten verarbeitet. Um 1150 beschreibt Geoffrey Monmouth Morgan in seiner Vita Merlini als eine der Königinnen von Avalon, die sich vor allem durch ihre Heilkunst von ihren Schwestern hervortut. Einer der bekanntesten mittelalterlichen Autoren, die sich dem Artusstoff annehmen, ist Chrétien de Troyes. In seinen Texten aus dem 12. Jahrhundert ist Morgan die Schwester des Königs und versteht sich ebenfalls auf Heilkunst. In seinen Erzählungen tauchen mal eine Salbe, mal ein Heiltrank auf, die von ihr gebraut wurden und dem ein oder anderen Ritter aus einer brenzlichen Situation helfen. Auch in den deutschen Versionen taucht sie als Heilerin auf, wie in Hartmans von Aue Erec von ungefähr 1185, als der Titelheld von Königin Guinevere mit einem magischen Pflaster geheilt wird, dass sie von der Schwester des Königs erhalten hat. Soweit, so ungefährlich, erscheint die Figur, mehr Femme als Fatal.
Erst der sogenannte Vulgata-Zyklus im 13. Jahrhundert, der vermutlich auf Grund starker religiöser Einflüsse zum einen die “heidnischen” Elemente der Legende sehr viel negativer betrachtet, als auch eine zunehmend anti-sexuelle Haltung an den Stoff heranträgt, machen Morgan zu einer intriganten und böswilligen Figur. Sie spielt die Verführerin des Königs und damit Gegnerin von Königin Guinevere und versucht auch einige der Ritter der Tafelrunde zu verführen (vor allem Lanzelot). Sie wird zu einer eifersüchtigen bösen Hexe, die ihren Sohn instrumentalisiert, um sich an ihrem Bruder zu rächen, sei es durch ihre Magie oder ihre Schönheit und Sexualität, mit der sie den Männern den Kopf verdreht.
Es gibt eine ganze Reihe an Geschichten um Morgan, von ihrer Kindheit, ihrer Lehre unter Merlin am Hofe Camelots, ihren Liebschaften, Intrigen und guten Taten. Zusammen mit ihrer Assoziation mit den Feen – oder die Fae, wie sie mittlerweile gerne genannt werden –, als ambivalente Figuren mit großem Potential für Gut und Böse, erklärt es, weshalb Morgan le Fay eine so vielschichtige und ebenso ambivalente Figur geworden ist und uns bis heute beschäftigt