Alexandra Jordan und Heide Franck, 24.04.2025
Zwei Stühle, eine Übersetzung. Alexandra Jordan und Heide Franck berichten uns, wie sie mit The Bright Sword einen Artus-Roman ins Deutsche übersetzt haben, wo die Herausforderungen lagen und was besonders Spaß gemacht hat.
Morgens, halb zehn in Deutschland. Zwei Übersetzerinnen öffnen zeitgleich ihr gemeinsames Online-Gehirn. Die eine mit Ingwertee, die andere mit Kaffee, überprüfen beide noch mal das Cloud-Dokument mit Glossar, Diskussionstabelle, Quellenverweisen und Seitenaufteilung – es stehen zwei, drei intensive Telefonatsstunden an, dabei ist die letzte Diskussion im Telegram-Chat noch gar nicht so lange her. (Keine zwölf Stunden nämlich.)
Eine Übersetzung ist zwar immer irgendwie auch eine Gruppenarbeit, denn es feilen ja auch noch die Lektorin und der Korrektor daran. Aber meistens sitzt eine Übersetzerin monatelang allein an einem Text, recherchiert, formuliert, wägt ab, überdenkt, verwirft, bis der Text zur nächsten Bearbeitungsetappe geschleust wird. Wenn eine Übersetzung allerdings besonders schnell gehen muss, wenn das Manuskript besonders lang ist oder bei der Übersetzerin noch andere Projekte drängeln, wird auch schon mal ein Kollege hinzugezogen … und manchmal blickt man sich, wie in diesem Fall, nach vier Jahren intensiver Zusammenarbeit erstaunt um und stellt fest, dass man tatsächlich lieber gemeinsam arbeitet als allein. Huzzah!
Tandem mit System
Damit sich eine Übersetzung, an der zwei Gehirne gearbeitet haben, genauso flüssig liest wie eine Einzelübersetzung, haben wir beide ein für unser Tandem gut funktionierendes System entwickelt, das man am Beispiel von „The Bright Sword“ von Lev Grossman wunderbar demonstrieren kann – einem auf der Artus-Sage basierenden Roman, dessen Quellen auf einer Geschichte basieren, die auf einer Legende basiert, die irgendwann mal irgendwer irgendwo gehört und fleißig ausgeschmückt hat. Was davon Wahrheit und was Fiktion ist, weiß niemand, und das ist eine der vielen Fragen, denen wir beim Übersetzen auf den Grund gehen dürfen, die uns verwirren (Briten? Britonen? Engländer?? Wie war das eigentlich im 6. Jahrhundert?), erhellen (Vorpostenkastell versus Meilenkastell, ha) und erheitern (Pechnase!).
Nachdem uns der Auftrag vom Verlag erteilt wurde, ist der erste Schritt allerdings immer die Aufteilung des Textes: nach Erzählperspektiven, nach eigenen Interessen, halbe-halbe … Die Möglichkeiten sind vielfältig. Wir entscheiden je nach persönlichen Vorlieben (Alex liebt Romananfänge!) und Struktur des Textes. Dieses Projekt haben wir strikt hälftig aufgeteilt (diesmal kriegt Heide den Anfang! Agiles Arbeiten und so) und uns dann kopfüber ins Manuskript gestürzt wie Collum in den Brunnen von Camelot. Die Übersetzung an sich ist also immer noch ein Individualwerk, die Zusammenarbeit gestaltet sich allerdings notwendigerweise intensiv, um den Text wie aus einem Guss klingen zu lassen und keine Inkonsistenzen bei Vokabel- und neologistischen Kreativitätsfragen einzubauen (Machen wir aus den „piskies“ für die deutsche Leserschaft „Pixies“? Oder gar „Kobolde“? Nö. „Piskies“ sind super).