BUCH
Judith Madera, 14.07.2021
Die Gentechnologie spaltet wie kaum ein anderer Bereich der Biologie die Menschen in Befürworter und Gegner – und auch in der Science Fiction wird das Thema kontrovers diskutiert. Seit über hundert Jahren erforschen SF-Autor*innen die Möglichkeiten und Risiken der Gentechnik, und so manche phantastische Vision ist beinahe schon Realität, während andere unerreichbar scheinen. Schauen wir uns an, was in der Science Fiction mit Gentechnik alles möglich ist!
Seit Jahrtausenden verändern Menschen die Gene anderer Lebewesen. Sie züchten ertragreichere Getreide- und Obstsorten und eine beeindruckende Vielfalt verschiedener Hunderassen – schlicht indem sie jene Elternpflanzen und –tiere kreuzen, die die gewünschten Eigenschaften aufweisen. Was früher Jahre und Jahrzehnte gedauert hat, lässt sich heute mit Hilfe der Gentechnik viel schneller bewältigen. Trotzdem hat die Technologie insbesondere in Deutschland einen schlechten Ruf, unter anderem wegen dem übermäßigen Einsatz von Pflanzengiften in der Landwirtschaft. Tatsächlich gibt es neben großem Nutzen auch diverse Risiken, die sich nur schwer abschätzen lassen. Auch weckt die Veränderung der Gene Ängste, unter anderem weil die wissenschaftlichen Grundlagen neu und sehr komplex sind, aber vielleicht auch, weil die SF zahlreiche Horrorvisionen von Biowaffen und Monstern hervorgebracht hat.
Manchmal zeigt uns die SF aber auch die Chancen, die sich uns bieten, wenn wir unsere Evolution selbst gestalten oder wenn wir dank Klonen jahrhundertelang durchs All fliegen können. Im ersten Teil unserer Gentechnik-Reihe stellen wir Werke vor, die zeigen, wie vielseitig die Sicht auf die Gentechnologie in der SF (die oft ihrer Zeit voraus war) ist und welche phantastischen Möglichkeiten sie uns bietet.
Die Wissenschaft erschafft Monster und Leuchttiere
1993 erschreckte die Verfilmung des Romans Jurassic Park von Michael Crichton die Kinobesucher*innen. Mittels Gentechnologie werden Dinosaurier aus Zellen im Blut von in Bernstein eingeschlossenen Mücken geklont und zur tödlichen Hauptattraktion eines Vergnügungsparks. Die Wissenschaft kann zwar die gigantischen Urzeitkreaturen wieder auferstehen lassen, doch verliert sie ebenso schnell die Kontrolle über das künstliche Leben. Buch und Film bedienen die Sensationslust der Konsument*innen, waren vom Autor jedoch auch als Warnung gedacht, um zu zeigen, dass Wissenschaft zwar ein „wunderbares, mächtiges – jedoch eindeutig begrenztes – Werkzeug“ ist.
Noch gruseliger sind die gentechnisch veränderten Biowaffen aus der Videospielreihe Resident Evil, zu der auch diverse Filme, Romane und Comics gehören. Der skrupellose Konzern Umbrella forscht an Biowaffen und kreiert den sogenannten T-Virus, der bei seinem Wirt Mutationen auslöst und ihn in einen Zombie verwandelt. Später entstehen daraus noch weit schlimmere Kreaturen. Horror und SF verschmelzen zum perfekten Albtraum, und auch wenn die Mutationen höchst unrealistisch sind, so ist es die Skrupellosigkeit von Umbrella nicht, und bei den Spieler*innen kommt die Warnung vor dem Missbrauch der Gentechnik an.
Nicht monströs, sondern liebenswert sind die rosa leuchtenden Minielefanten in Elefant (2017) von Martin Suter. Genforscher Roux will aus den Tieren eine Sensation machen, doch sie verschwinden aus dem Labor und verändern unter anderem das Leben eines Obdachlosen. In Elefant geht es mehr um die Menschen als um die Wissenschaft, doch mit den leuchtenden Elefanten hat Suter ein brisantes Thema in der Gentechnik-Debatte aufgegriffen. Tatsächlich gibt es solche „Glow-in-the-Dark“-Tiere bereits, in deren DNA Gene aus Quallen und Seeanemonen eingefügt wurden. Diese Tiere produzieren nun Proteine, die im UV-Licht leuchten. So lässt sich leicht zeigen, dass das sogenannte Genome Editing, das gezielte Einbringen und Verändern von Genen z.B. mit CRISPR/Cas, funktioniert. Glow-Fische mögen noch harmlos erscheinen, doch das Genome Editing zieht einen ganzen Rattenschwanz an ethischen Fragen und Missbrauchsmöglichkeiten nach sich.