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Die sieben besten Horrorserien der letzten Jahre auf Netflix und Amazon Prime

Die sieben besten Horrorserien der letzten Jahre auf Netflix und Amazon Prime
© Netflix
Markus Mäurer
30.10.2019

Dir genügt die 90-Minuten-Standard-Filmlänge zum ausgiebigen Gruseln nicht? Hier stellen wir die sieben besten Horrorserien der letzten Jahre vor. 

Horrorserien gab es seit Erfindung des Fernsehens immer wieder mal. Vor allem Vampirserien wie Kolchak: The Night Stalker, Nick Knight oder Dark Shadows bevölkerten die Bildschirme. Auch Anthologieserien wie The Outer Limits oder Twilight Zone hatten immer wieder Horrorepisoden, oder es gab gleich ganze Horroranthologien wie Tales from the Crypt und Night Gallery. Oder Monster-der-Woche-Serien wie Poltergeist und Erben des Fluchs.

So richtig etabliert haben sich Horrorserien aber erst im sogenannten Golden Age of Television, das um die Jahrtausendwende mit Serien wie Oz, The Sopranos und Six Feet Under begann. Denn nun erhielten sie durch PayTV-Sender wie HBO (True Blood) und Showtime (Penny Dreadful), Kabelprogramme wie FX (The Strain) und AMC (The Terror) oder Streamingportale wie Netflix und Amazon ausreichend Budget für gutes Setdesign und visuelle Effekte. Im Folgenden stelle ich sieben relativ aktuelle Horrorserien vor, die ich für die besten der letzten Jahre halte.

Marianne (Netflix)

Marianne ist eine französische Serie über die junge Horrorbestsellerautorin Emma Larsimon, welche glaubte, ihrer düsteren Vergangenheit entkommen zu sein, sich aber durch einige schreckliche Ereignisse den Geheimnissen ihrer Schulzeit stellen muss. Das führt sie mit ihrer Assistentin zurück in ihr Heimatdorf, zu ihren einander entfremdeten Eltern, alten Freunden und einer feindseligen Einwohnerschaft.

Marianne weist durchaus einige stilistische Schwächen auf, wie unpassende Slapstickeinlagen oder gewöhnungsbedürftigen Musikeinsatz, weiß aber über die Länge durch eine atmosphärisch dichte und konsequente Grusel-Inszenierung zu überzeugen. Mit einer Geschichte, die zwar nicht besonders originell ist, aber stimmig umgesetzt.

The Excorcist (Amazon Prime)

Seit William Friedkins Film Der Exorzist 1973 das Horrorkino revolutionierte, ist das Besessenheits-Thema so oft wiedergekäut worden, dass es so abgestanden riecht wie drei Monate alte Erbsensuppe. Wer sich vom Aufgreifen bekannter Klischees und Stereotype nicht abschrecken lässt, bekommt bei der TV-Serie The Exorcist von 2016 soliden bis ausgezeichneten Grusel, der einerseits als Familienkammerspiel den Originalfilm fortsetzt, die ganze Thematik aber auch auf eine globale Verschwörungsebene hebt, bei der zwei zweifelnde Priester gegen dämonische Umtriebe im Vatikan zu Felde ziehen. In der zweiten und letzten Staffel lässt die Serie deutlich nach, beschreitet allerdings auch neue Wege. Eine ähnlich gelagerte und gute Serie ist Outcast.

Spuk in Hill House (The Haunting of Hill House, Netflix)

Die Netflix-Serie Spuk in Hill House ist eine virtuos inszenierte Spukgeschichte, die sich viel Zeit nimmt, ihre einzelnen Figuren vorzustellen. In jeder Folge steht ein Familienmitglied im Fokus, dessen Leben mit dem Horrorhaus auf unheilvolle Weise verknüpft ist. Geschickt werden zwei Zeitebenen miteinander verknüpft und mit den sich narrativ ergänzenden Episoden verwoben. Dabei ist Spuk in Hill House durchaus selbstbewusst von Mike Flanagan inszeniert, der in jeder Folge leicht den Stil wechselt, ohne den Grundtenor der Serie zu verlassen. Das große Familiendrama mit Gruseleinschlag weicht zwar stark von Shirley Jacksons Romanvorlage ab, steht ihr qualitativ aber in Nichts nach. Zu Recht eine der Seriensensationen 2018, auch wenn nicht alle Zuschauer mit dem Ende zufrieden waren. In der zweiten Staffel soll es um Das Drehen der Schraube von Henry James gehen.

The Terror (Amazon Prime)

Die Amazon-Prime-Serie The Terror basiert auf dem monumentalen Roman von Dan Simmons über die Franklin-Expedition der Forschungsschiffe Terror und Erebus, die 1845 bis 1848 stattgefunden hat und katastrophal scheiterte. Beide Schiffe blieben auf der Suche nach der Nordwestpassage über mehrere Jahre im Eis stecken und galten als verschollen, die Wracks wurden erst vor Kurzem gefunden. Das wahre Grauen lauert hier in der erbarmungslosen Kälte, der Dunkelheit und Einsamkeit, der Hoffnungslosigkeit und der endlosen Weite des Eises. Trotzdem treibt auch noch ein übernatürliches Wesen sein Unwesen, versetzt die Mannschaften in Angst und Schrecken und dezimiert sie erheblich.

Herausragende Darsteller, aufwendiges Setdesign, gut geschriebene Figuren und das frostige Grauen machen diese Anthologieserie (in Staffel 2 geht es um Internierungslager in den USA) zu einem der gruseligen Highlights der letzten Jahre.

The Chilling Adventures of Sabrina (Netflix)

The Chilling Adventures of Sabrina fußt wie Riverdale auf den in den USA sehr bekannten Archie-Comics, schlägt aber einen viel düstereren Ton an. Immerhin soll sich Sabrina an ihrem 16. Geburtstag dem Teufel verschreiben, was die rebellische, selbstbestimmte Jugendliche natürlich nicht mit sich machen lässt. Worauf eine Menge gruseliger Situationen folgen. Die Story wurde bereits als TV-Serie Sabrina in den Neunzigern verfilmt, hatte aber damals mehr den Ansatz einer Family- und Teenager-Sitcomserie. Die neue Serie ist düster, aber doch humorvoll und greift wichtige aktuelle Themen auf, ohne, dass es aufgesetzt wirkt.

Ash vs. Evil Dead (Amazon Prime)

Bruce Campbell als Ash ist so etwas wie die männliche Screamqueen des Horrors. Ein Protagonist, der unvorstellbare Schrecken durchstehen muss, und immer noch eins auf die Mütze bekommt. Der erste Teil von Evil Dead (Tanz der Teufel) war noch ein innovativer No-Budget-Grusler von College-Freunden. Teil 2 war eine Mischung aus Fortsetzung und Reboot mit höherem Budget und größerem Comedyanteil. Und mit Army of Darkness wurde die Reihe endgültig zum Slapsticksplatter und Ash mit seiner Kettensägenhand zur popkulturellen Ikone. Mit Ash vs. Evil Dead erhält Bruce Campbell mehr als 20 Jahre später eine Art Hommage an diese Figur, die erstaunlich gut gelungen ist.

Zunächst setzt Ash vs. Evil Dead ganz auf den Fun-Splatter von Armee der Finsternis (ein Film, der aus lizenzrechtlichen Gründen aber nicht erwähnt werden durfte), kann gegen Ende der Serie aber auch mit zwei knallharten Horrorschocker-Episoden aufwarten, die eine gelungene Hommage an Teil 1 sind. Ash vs. Evil Dead ist kein Meisterwerk der Serienkunst, aber ein großer Partyspaß für Splatterfans. Dass die machohafte Figur des Ash ein wenig aus der Zeit gefallen ist, wird von der Serie selbstironisch aufgegriffen.

The Strain (Amazon Prime)

Die Horrorserie The Strain basiert auf den Büchern von Chuck Hogan und Guillermo del Toro und geht das Vampirthema etwas anders an, als wir es kennen. Am ehesten erinnert sie noch an del Toros Blade 2, mit Vampiren, die nicht mit spitzen Zähnen zubeißen, sondern mit Tentakeln. Der Vampirismus in The Strain wird mittels Parasiten übertragen und fällt somit in die Zuständigkeit der Seuchenkontrollbehörde CDC. Deren engagierter Mitarbeiter Ephraim versucht, den Vampirseuchenausbruch in New York einzudämmen - gegen Widerstände der eigenen Behörde. Unterstützung erhält er vom Antiquar Abraham Setrakian und ein paar schlagfertigen New Yorkern, im Kampf gegen Zombievampire und einen bösen Unternehmer, der mittels Verschwörung die Apokalypse herbeiführen möchte. Und der obligatorische Nazivampir darf auch nicht fehlen. Das ist ein wilder, popkultureller Mischmasch an Vampirmotiven, mit etwas mystischem Hinterbau, der mit relativ hohem Production Value daherkommt und durch einige konsequente Handlungsentscheidungen überzeugt. Zwar gibt es einige Füllerfolgen, aber das abgeriegelte Manhattan kurz vor dem Weltuntergang sorgt für schaurig schöne Atmosphäre.

Nachbemerkungen zur Auswahl

Ich habe mich auf Serien beschränkt, die noch nicht mehr als fünf Staffeln auf dem Buckel haben, womit The Walking Dead und American Horror Story wegfallen. Sie sollten auch noch nicht zu lange eingestellt sein, was Penny Dreadful aus dem Rennen nimmt. Serien wie Z-Nation, Fear The Walking Dead oder Van Helsing haben sicher ihr festes, begeistertes Publikum, sind mir aber einfach nicht gut genug geschrieben und produziert. Serien, die ohne übernatürliche Elemente auskommen, wie The Purge oder Slasher habe ich weggelassen. Und eigentlich hätte ich auch Stranger Things erwähnen sollen, doch irgendwie habe ich die trotz der Monster nie so richtig als Horrorserie empfunden. Außerdem ist sie ja sowieso ständig überall im Gespräch. Und bei einigen Serien wie Buffy, True Blood oder jüngst Preacher verläuft die Grenze zur Urban Fantasy fließend, wodurch sie oft nicht wirklich gruselig sind.

Markus Mäurer

Der ehemalige Sozialpädagoge und Absolvent der Nord- und Lateinamerikastudien an der FU Berlin, der seit seiner Kindheit zwischen hohen Bücherstapeln vergraben den Kopf in fremde Welten steckt, verfasst seit über zehn Jahren Rezensionen für Fantasyguide.de, ist ebenso lange im Science-Fiction- und Fantasy-Fandom unterwegs (Nickname: Pogopuschel) und arbeitet seit einigen Jahren als Übersetzer phantastischer Literatur. http://lesenswelt.de/