Fantasy

Die 100 besten Fantasy-Bücher aller Zeiten (Teil 3 von 4)

Die 100 besten Fantasy-Bücher aller Zeiten (Teil 3 von 4)

TOR Team, 20.03.2021

Weiter geht's mit Teil 3 der 100 besten Fantasy-Bücher Zeiten (Titel 51 bis 75). Die Liste stellt kein Ranking dar. Weitere Teile der Serie hier: 

Zur Auswahl von "Die 100 besten Fantasy-Bücher aller Zeiten" auf Tor Online: Innerhalb von zwei Wochen wurden 460 verschiedene Titel nominiert. Aus diesen 460 Bücher hat eine achtköpfige Jury (vier Frauen, vier Männer) ihre 100 Favoriten ausgewählt. Los geht's mit den ersten 25 Titeln:

Der König auf Camelot | T. H. White (The Once and Future King, 1938–1958)

Der große Klassiker unter den Adaptionen der Artus-Sage, der auf dem Buch Le Morte d’Arthur von Thomas Malory basiert. Ursprünglich erschien Whites Werk von 1938 bis 1958 in vier Bänden. Die deutsche Ausgabe von 1976 fasste sie zu zwei Bänden zusammen: Bd.1 das Schwert im Stein / Die Königin von Luft und Dunkelheit und Bd. 2 Der missratene Ritter / Die Kerze im Wind. Erzählt wird die Geschichte König Arthurs von dessen Kindheit bis zum Tod auf dem Schlachtfeld. White spart dabei nicht an Humor und hat seine Figuren auch auf einer psychologischen Ebene gut ausgebaut. In Band 3 geht es um Sir Lanzelot und dessen Suche nach dem Heiligen Gral. Mit Das Buch Merlin gibt es auch noch einen fünften Teil, der gesondert nach Whites Tod erschien und stilistisch stark von den Vorgängern abweicht. Disneys Zeichentrickfilm Die Hexe und der Zauberer basiert übrigens auf dem ersten Band.

Die Königstochter aus Elfenland | Lord Dunsany (The King of Elfland’s Daughter, 1924)

„Die Königstochter ist für mich die sprachlich-stilistisch gesehen schönste Fantasy aller Zeiten!“, schreibt Juror Frank Weinreich und spricht damit etwas an, dass heutzutage häufig vernachlässigt wird: Stil und Sprache. Lord Dunsany beherrschte beides meisterhaft und zeigt, dass auch Fantasy zu schreiben eine Kunstform sein kann. Erzählt wird auf märchenhafte Weise von der Elfentochter, die aus Liebe zu Prinz Alvaric das Elfenland verlässt, jedoch von Heimweh geplagt wieder in die Heimat zurückkehren will. Diese sucht Prinz Alvaric nun vergeblich. Leitthema der Geschichte ist die Suche nach dem verlorenen Zauber der Kindheit, die nostalgische Sehnsucht danach, wie es einst gewesen war oder wie man glaubt, dass es gewesen ist. Ein noch immer hochaktuelles Thema zusammen mit der Entfremdung, der Zerrissenheit zwischen zwei Kulturen.

Krabat | Ottfried Preußler (1971)

Neben Michael Ende dürfte Ottfried Preußler der bekannteste deutschsprachige Kinderbuchautor sein. Und sein bekanntestes Werk (neben Die kleine Hexe) ist Krabat. Das durch die sorbische Krabat-Legende inspirierte Werk weißt durchaus einige Aspekte auf, die heute nicht mehr zeitgemäß sind, hat sich aber trotzdem als zeitloser Klassiker gehalten. Es spielt während des Großen Nordischen Krieges von 1700 bis 1720 und erzählt vom Waisenjungen Krabat, der eine Lehre in einer Mühle antritt, die sich als Zauberschule entpuppt, deren Meister sich als jemand mit bösen Absichten herausstellt, die Krabat vereiteln muss, um seinen Freund Lobosch zu retten.

Kriegsklingen | Joe Abercrombie (The Blade Itself, Klingen-Trilogie, 2007–2008)

Mit seinem Debütroman Kriegsklingen (gefolgt von Feuerklingen und Königsklingen) löste Joe Abercrombie 2007 einen neuen Boom an Grim-and-Gritty-Fantasy aus. Raue, ambivalente Helden, zwielichtige Antihelden, ein düsterer Tonfall in einer unbarmherzigen, von Krieg zerklüfteten Welt, aber doch mit viel Humor und Herz geschrieben. Ob der verkrüppelte Inquisitor Glokta, der Barbarenkrieger Logen Neunfinger oder der alte Zauberer Bayaz, Abercrombies Figuren bleiben in Erinnerung. Es folgten noch viele weitere Romane in der gleichen Welt, die im Deutschen alle XXX-klingen im Titel haben und so leicht zu verwechseln sind.

Die Legende | David Gemmell (Legend, Drenai-Saga, 1984)

David Gemmell hat das “He” in die Heroic Fantasy gebracht. Mit Helden, die Heldenhaftes tun, weil sie Männer sind. Eine Verkürzung, mit der man ihm aber Unrecht tun würde, denn seine Bücher sind mehr als nur romangewordene Frank-Frazetta- oder Luis-Royo-Bilder. Neben den Männern werden auch die Frauen deutlich vielschichtiger und ambivalenter dargestellt und agieren ebenso wehrhaft und heldenhaft. Wobei Gemmells Heldentum ein zweischneidiges Schwert ist, für das die von den Helden geretteten einen hohen Preis zu zahlen haben. In Die Legende ist es der schon fast greise legendäre Held Druss, der noch einmal die geliebte Streitaxt Snaga auspacken muss, um die belagerte Stadt Dros Delnoch vor dem Heer der Nadirkrieger zu retten. Das Buch gehört zur Drenai-Saga, doch dabei handelt es sich um eine eher lose Serie, deren Bücher man unabhängig voneinander lesen kann, auch wenn manche von ihnen in Verbindung miteinander stehen.

Die Legende der Adlerkrieger | Jin Yong (射鵰英雄傳, Shediao yingxiong zhuan,1957)

Die Legende der Adlerkrieger ist der einzige chinesische und sogar der einzige asiatische Titel auf dieser Liste. 1957 im Original erschienen (auf Deutsch erst 2020), erreichte die historische Wuxia-Geschichte mit Fantasyelementen, in der es um Intrigen und Kampfkunst geht, schnell Kultstatus in China, ähnlich wie bei uns Der Herr der Ringe. Es folgten noch zwei Fortsetzungen, wobei der jetzige erste deutsche Band nur ein Zehntel der gesamten Serie ausmacht. Erzählt wird vom Schicksal zweier Familien in unruhigen Zeiten, in denen sie sich mit Kung-Fu-Künsten inmitten von Palastintrigen und Machtkämpfen im Reich durchschlagen müssen. Die Legende der Adlerkrieger ist ein gutes Beispiel dafür, dass es auch erfolgreiche und herausragende Fantasy außerhalb des eurozentrischen Weltbildes gibt.

Der Lehrling des Magiers/Der verwaiste Thron | Raymond Feist (Magician, Midkemia-Saga, 1982-2012)

Raymond Feist gehört neben Dave Eddings und Terry Brooks zu jenen Fantasyautoren, die vor allem in den 1980ern für ihre eher familienfreundliche High Fantasy bekannt waren. Angesiedelt ist Feists Midkemia in einer Welt, die stark von Tolkien mit seinen Völker wie den Elben und Zwergen beeinflusst wurde. Gerade sein erster Roman ist die klassische Geschichte “Vom Küchenjungen zum außerwählten Retter der Welt”, mit Pug, der im Laufe der Serie zum mächtigen Magier mutiert, und Thomas als unsterblicher Drachenkrieger. Im Original ist die Midkemia-Saga in viele Unterzyklen unterteilt, die aber im Großen und Ganzen alle miteinander zusammenhängen, dreißig Romane umfassen und 2013 mit Magicians’s End endete. Feist versteht es, lebensnahe, greifbare Figuren in eine epische, von Göttern und Intrigen geprägte Handlung einzubauen und dieser trotz vieler klassischer Elemente den nötigen originellen Touch zu verleihen, der die Bücher aus der Masse herausstechen lässt. Auch, wenn er nie wieder so gut war wie in den ersten drei Bänden.

Das letzte Einhorn | Peter S. Beagle (The Last Unicorn, 1961)

Erzählt auf magisch-poetische Weiße von einem Einhorn, das, als es erfährt, dass es das letzte auf der Welt sei, sich auf die Suche nach weiteren begibt. Gejagt wird es vom roten Stier, der für König Haggard alle Einhörner zusammentreibt. Hilfe erhält es vom unbegabten Zauberer Schmendrick und der ruppigen, aber gutherzigen Magd Molly Grue. Einer der großen Klassiker der Fantasyliteratur, der 1982 durch die Zeichentrickverfilmung noch mal neue Aufmerksamkeit erhielt. Ein zeitloses Werk, das mit seiner wundervollen Sprache auf weniger als 300 Seiten verzaubert und eine Geschichte der großen Gefühle und voller Tragik erzählt.

Das Licht hinter den Wolken | Oliver Plaschka (2013)

Oliver Plaschka ist der Poet unter den aktuellen Fantasyautor*innen, der sich mit seinem eleganten und selbstbewussten Stil angenehm aus der Masse hervorhebt. Der Klappentext zu Das Licht hinter den Wolken lässt klassische epische Fantasy vermuten, mit Formulierungen von der Magie, die die Welt verlassen zu haben scheint, dem neuen Kaiser, der auf dem Thron sitzt und die letzten Überlebenden der alten Völker bis an die Grenzen der Welt jagt. Und der jungen April und dem Söldner Janner, die sich auf der Flucht befinden und dabei auf den uralten Zauberer Sarik treffen. Doch statt das übliche epische Panorama abzuspulen, konzentriert sich Oliver Plaschka lieber auf die Figuren, ihr Handeln, die Beweggründe und die Folgen; erzählt viele kleine Lebensgeschichten, die sich zu einer größeren Rahmenhandlung zusammenfügen. Hier werden klassische Elemente in wunderbarer Sprache zu neuen Ideen verwoben.

Das Lied der Krähen | Leigh Bardurgo (Six of Crows, 2015)

Einer der jüngsten Titel auf dieser Liste, und einer der größten Erfolge der Fantasyliteratur der letzten Jahre. Angesiedelt in einer Welt, deren Haupthandlungsort an das Amsterdam des 19. Jahrhunderts erinnert – kein Steampunk, aber relativ moderne Fantasy –, erzählt Bardurgo hier von einer Peaky-Blinders-mäßigen Jugendbande, die einen recht anspruchsvollen Heist in einer als uneinnehmbar geltenden Eisfestung plant. Rasant und cool geschrieben. Abgeschlossen wird die Geschichte in Das Gold der Krähen, angesiedelt ist sie in der Welt von Grisha, zu der Bardurgo zuvor schon Romane schrieb.

Little Big oder Das Parlament der Feen | John Crowley (Little, Big, 1981)

In einer verzaubert oder gar verwunschen wirkenden Version unserer Realität erzählt John Crowley von der Liebe zwischen Alice und Smokey und der Familie der beiden. Die märchenhaften Episoden sind in einer poetischer Sprache verfasst und komplex miteinander verwoben, voller Symbolik und Anspielungen auf die Literaturgeschichte von Shakespeare bis Lewis Carroll, während der Roman dabei ein ganz eigenes originelles Werk bildet, von dem Ursula K. Le Guin sagte, es verlange eine Neudefinition der Fantasy. Die Werke von Crowley sind durchaus sperrig und stellenweise anstrengend zu lesen, da bildet Little Big keine Ausnahme, aber wer sich darauf einlässt, wird reich belohnt.

Die Lügen des Locke Lamora | Scott Lynch (The Lies of Locke Lamora, Gentleman Bastards, 2006)

Als das Buch um den Dieb Locke Lamora und seine Gentleman-Ganoven 2006 erschien, brachte es frischen Wind in die Fantasy. Ein Heist-Movie in einem Fantasy-Setting, eine Bande sympathischer Ganoven möchte mit dem ungeschriebenen Gesetz brechen und die Reichen und Schönen der Stadt ausrauben. Clever inszeniert, mit lebhaften, dreidimensionalen Figuren und viel Charme.

Lyonesse | Jack Vance (Lyonesse, 1983–1989)

Die Lyonesse-Trilogie mit den Romanen Herrscher von LyonesseDie grüne Perle und Madouc gehört zum Spätwerk des Vielschreibers Jack Vance, der vor allem, aber nicht nur, für seine Science-Fiction-Romane bekannt ist. Und auch mit über 70 zeigte er sich vor allem im ersten Band noch als Meister seines Fachs. Angesiedelt ist die Trilogie im finsteren Mittelalter auf den mystischen französischen Älteren Inseln, durchzogen mit Mythen von Atlantis, König Artus und eben Lyonesse, bevölkert von Helden, Prinzessinnen, Zauberern, ehrgeizigen Königen und Monstern.

Die Magier Seiner Majestät | Zen Cho (Sorcerer to the Crown, 2016)

Historische Fantasy im Stil von Jonathan Strange und Mr Norrel im England zur Zeit der napoleonischen Kriege über den königlichen Magier Zacharias Wythe und die junge Waise Prunella, in der verborgene Talente schlummern. Trotz des historischen Kontextes ein verspielter Roman über Repräsentation und Diversität, der stilistisch zwar nicht ganz an das Vorbild heranreicht, aber mit seinen liebenswürdigen und doch vielschichtigen Figuren überzeugen kann. Auf Englisch ist ein zweiter Teil erschienen, auf Deutsch bisher nicht.

Momo | Michael Ende (1973)

Der zweite große Fantasyklassiker von Michael Ende. Erzählt wird die Geschichte des Mädchens Momo und ihres Kampfes gegen die grauen Herren von der Zeitsparkasse, die den Menschen die Zeit stehlen. Mit ihren Freunden, dem Straßenkehrer Beppo, dem Geschichtenerzähler Gigi und der Schildkröte Kassiopeia, macht sie sich auf, die Menschen von der Bedrohung zu warnen, die von den grauen Herren ausgeht. Momo ist nicht einfach nur ein abenteuerreiches Kinderbuch, sondern auch ein philosophisches Werk über den Kapitalismus und seine Folgen. Über die Kälte, die durch ihn in die Gesellschaft einzieht. Ein Werk, das uns dazu anregt, über die Zeit und wie wir sie nutzen wollen nachzudenken. Spielerisch führt Ende seine jungen Leser*innen an eine kritische, aber doch verzauberte Wahrnehmung der Welt heran.

Der Nachtzirkus | Erin Morgenstern (The Night Circus, 2011)

Der Nachtzirkus erzählt von einem Duell zweier Magier, das sich auf äußerst ungewöhnliche Weise zuträgt, über mehrer Jahrzehnte ausgeführt von zwei jungen Menschen, die anfangs gar nicht genau wissen, was sie da tun. Und aus diesem magischen Duell entsteht der Nachtzirkus, der über Nacht plötzlich am Stadtrand auftaucht, eingehüllt in ein schwarz-weißes Farbschema, wie ein unermessliches Labyrinth voller Wunder und Vergnügen. In einer sehr schönen poetischen Sprache stellt Morgenstern die beiden Hauptfiguren wie auf einem Go-Brett auf, lässt sie Züge machen, deren Folgen sich erste viele Seiten und Jahre später ermessen lassen. Ein wenig erinnert das Buch an Jonathan Strange & Mr Norrell, entwickelt aber schnell seinen ganz eigenen originellen Charakter.

Der Name des Windes | Patrick Rothfuss (The Name of The Wind, Königsmörderchroniken 1, 2007)

Einer der Megabestseller der Fantasy, der allein in Deutschland über eine halbe Million Exemplare verkaufte. In Rückblenden erzählt Gastwirt Kote (Kvothe) einem Chronisten seine Lebensgeschichte, von der Ermordung seiner Eltern, seiner Ausbildung an der Universität und der Suche nach dem mysteriösen Wesen Chandrian, das seine Eltern getötet haben soll. Rothfuss nutzt postmoderne Erzählstrukturen, um eine opulente und ausschweifende Geschichte zu erzählen, die im ersten Band vor allem von den Freuden des Studentendaseins in einer Welt voller Magie, Alchemie und Musik handelt. Aber so schön und mitreißend erzählt, dass episodenhafte Exkursionen von der Spannungskurve überhaupt nicht auffallen. 2011 folgte die Fortsetzung Die Furcht der Weisen (die übrigens keine einzige Nominierung für diese Liste erhielt). Band 3 wird seitdem sehnlichst von den Fans erwartet.

Niemalsland | Neil Gaiman (Neverwhere, 1996)

Außergewöhnliche Urban Fantasy über einen Protagonisten, der eine Welt unter dem bekannten London entdeckt, die mit zahlreichen phantastischen Gestalten bevölkert wird. Doch je weiter er sich in dieser Welt verliert, desto mehr gerät er in seinem überirdischen Leben wortwörtlich in Vergessenheit. Eine packend und humorvoll erzählte Allegorie über Parallelgesellschaften, voller origineller Ideen und schrulliger Figuren, die uns davon träumen lässt, was alles in den Schatten der Städte und unter unseren Füßen vor sich gehen könnte, von dem wir nichts ahnen. Basiert auf der gleichnamigen BBC-Serie und dürfte damit das einzige Buch auf dieser Liste sein, bei dem die Film- und/oder Serienadaption nicht später kam.

Nimmèrÿa | Samuel R. Delany

Nicht weniger als die Entstehung der Zivilisation im Gewand von Sword & Sorcery schildert Delany in seinen Nimmèrÿa-Geschichten, die in mehreren Bänden erschienen sind. Verfasst in einem anspruchsvollen und komplexen Stil webt er kunstvoll philosophische Betrachtungen über die Kunst, Kultur und die Macht der Sprache in klassische Abenteuergeschichten ein. Nimmèrÿa ist jene Art von Fantasy, in der die Schätze nicht nur in verfallenen Tempeln und Schatzkammern verborgen liegen, sondern vor allem zwischen den Zeilen, die uns Leser*innen fordert und belohnt, wenn wir die Mühen des Entdeckens auf uns nehmen.

Nuramon | James Sullivan (2013)

2004 war Die Elfen von Bernhard Hennen ein Riesenerfolg, der den Völkerfantasyboom maßgeblich mit auslöste. Doch vielen Leser*innen war auf den ersten Blick entgangen, dass das Buch mit James Sullivan einen Co-Autor hatte. Und dieser brachte 2013 mit Nuramon die gleichnamige beliebte Figur aus Die Elfen – deren Schicksal am Ende offen blieb und von der viele Leser*innen wissen wollten, wie es mit ihr weitergeht – zurück. Auf einem unbekannten Kontinent gestrandet muss Nuramon getrennt von seinen Freunden und seiner großen Liebe neue Abenteuer bestehen.

Perdido Street Station | China Miéville (auch Die Falter/Der Weber, 2000)

China Miéville Bas-Lag-Roman wird dem Untergenre des New Weird zugeordnet und hat sozusagen eine Renaissance eingeleitet. Die Geschichte spielt in der relativ modernen Metropole New Crobuzon, die neben Menschen von unzähligen teils bizarr wirkenden Wesen bevölkert wird. Hauptfigur ist der exzentrische Wissenschaftler Isaac Dan dar Grimnebulin, der eine Beziehung mit der Khepri-Künstlerin Lin führt, die zu einer insektenartigen Spezies gehört. Unheil zieht durch die Falter herauf, die für böse Träume in der Nacht sorgen. Mit einigen Gefährten muss Isaac sich mit Gangstern anlegen, um dem Treiben ein Ende zu setzen. Perdido Street Station besticht durch seine überbordend bizarre Phantasie. Miéville hat hier ein opulentes Panorama einer wirklich fremdartigen Welt voller faszinierender Ideen und Konzepte geschaffen, die ihresgleichen sucht. Der Detailreichtum dieser Welt ist atemberaubend, Miéville anspruchsvoller Schreibstil elegant und mitreißend. Ein intellektuell und politisch forderndes Buch, das nichts für schwach Mägen ist.

The Raven Tower | Ann Leckie (2019)

Zwei Handlungsstränge, einer über einen jungen Thronerben, der in eine hamletsche Verschwörungsgeschichte gerät, die andere aus der Perspektive einer Gottheit erzählt, die an einen festen Ort gebunden ist und vom Verstreichen der Jahrhunderte um sie herum berichtet: von der Entstehung der Zivilisation um sie herum und der Macht der Sprache. Die Du-Anrede ist sicher nicht für alle etwas, aber Leckies Stilsicherheit zieht einen schnell in ihren Bann. Ein abgeschlossener Einzelroman der Autorin, die bisher vor allem durch ihre Science-Fiction-Trilogie um Die Maschinen bekannt geworden ist. Vorerst ist The Raven Tower noch nicht auf Deutsch erschienen. 

Der Ritt nach Narnia | C. S. Lewis (Die Chroniken von Narnia/The Chronicles of Narnia, 1950 – 1956)

Einer der großen Klassiker der englischsprachigen Kinderbuchliteratur. Heute würde man die Chroniken von Narnia – zu denen sieben Bücher gehören – auch als Portalfantasy bezeichnen, geht es doch um die Geschwister Peter, Susan, Edmund und Lucy, die während der Luftangriffe des Zweiten Weltkriegs in England durch einen Kleiderschrank in die wundervolle Welt von Narnia gelangen, wo es die weiße Hexe zu besiegen und den ewigen Winter zu beenden gilt. Tolkiens Freund C. S. Lewis bedient sich hier viel an christlicher Symbolik, wie z. B. dem Löwen Aslan, der für Jesus und dessen Auferstehung steht, greift aber auch auf sein breites Wissen, das er durch sein Studium in Oxford erhalten hat, zurück, und webt römische, griechische und auch irische Mythologie (Lewis war Ire) mit ein. Ein Paradebeispiel dafür, wie religiöse Mythologie aus unserer Welt in einer Sekundärweltfantasy allegorisch verarbeitet wird.

Ronja Räubertochter | Astrid Lindgren (Ronja Rövardotter, 1981)

Im Vergleich zum ernsten Die Brüder Löwenherz kommt Ronja Räubertochter ganz locker und fröhlich daher. Wie heißt es so schön: Es braucht eine ganze Räuberbande, um ein Kind großzuziehen. Ronjas Vater Mattis ist der Hauptmann dieser Räuber, die mit ihm auf der Mattisburg im Mattiswald leben. Dort freundet Ronja sich mit Birk an, dem Sohn eines verfeindeten Räuberhauptmanns. Zusammen erleben sie allerhand Abenteuer. Das perfekte Buch für Kinder, die gerne im Wald rumstromern, auf Bäume klettern, Baumhäuser bauen und die Welt als einen großen Abenteuerspielplatz sehen. Dabei ist Ronja Räubertochter eine Parodie auf den Räuberroman. Man braucht also keine Angst zu haben, dass hier kriminelle Machenschaften verherrlicht werden. Und einen Schuss Shakespeare gibt es obendrauf.

Roter Mond und Schwarzer Berg | Joy Chant (Red Moon and Black Mountain, 1971)

Joy Chant gehört zu jenen Fantasyautorinnen der 1970er und 80er, die leider ein wenig in Vergessenheit geraten sind und deren Werke schon länger nicht mehr aufgelegt wurden. Mit nur drei veröffentlichten Romanen (und zwei Sachbüchern) hält sich ihr Œuvre in Grenzen, doch diese drei Werke aus der Welt der Vandarei haben es in sich. Roter Mond und schwarzer Berg ist das erste, und im Prinzip eine Portalfantasy über drei Kinder, die aus unserer Welt nach Vandarei gelangen, wo sich eine High-Fantasy-Handlung entspinnt, die aber ganz andere Züge annimmt, als z. B. in den Narnia-Chroniken. Hier werden die Kinder getrennt, eines von ihnen altert schneller und vergisst seine Herkunft, was der Geschichte einiges an Tragik verleiht. Auch wenn es am Ende um den Kampf Gut gegen Böse geht, ist Chant hier ein sehr feinsinnig ausgearbeiteter Roman über das Erwachsenwerden gelungen, darüber, wie man lernt, sich in der Welt zu behaupten.