Fantasy

Die 100 besten Fantasy-Bücher aller Zeiten (Teil 1 von 4)

Die 100 besten Fantasy-Bücher aller Zeiten (Teil 1 von 4)
© keller / pixabay

TOR Team, 20.03.2021

Ihr habt uns eure fünf Lieblingsromane aus der Fantasy genannt. Das Ergebnis ist eine Liste mit den 100 besten Fantasy-Büchern aller Zeiten. In vier Teilen erfahrt ihr mehr über die 100 Titel. Los geht es mit den ersten 25 Titeln (Teil 1). Die Liste stellt übrigens kein Ranking dar.

 

Zur Auswahl von "Die 100 besten Fantasy-Bücher aller Zeiten" auf Tor Online: Innerhalb von zwei Wochen wurden 460 verschiedene Titel nominiert. Aus diesen 460 Bücher hat eine achtköpfige Jury (vier Frauen, vier Männer) ihre 100 Favoriten ausgewählt. Los geht's mit den ersten 25 Titeln:

Der Adept des Assassinen | Robin Hobb (Assassin’s Apprentice, Weitseher-Trilogie, 1995–1997)

Mit Fitz dem Weitseher hat Robin Hobb (alias Megan Lindholm) in Der Adept des Assassinen einen ungewöhnlichen Protagonisten erschaffen, der sich, unerwünschter Sohn eines Königs und eines Bauernmädchens, als Assassinenlehrling mit entstelltem Gesicht wenig heldenhaft durch die Geschichte wurschtelt. Hobb sticht hier aus der Masse der Fantasyromane um Könige, Attentäter und Intrigen heraus, weil sie anders erzählt, mit kantigen, originellen Figuren und überraschenden Handlungsverläufen.  Neben der ursprünglichen Weitseher-Trilogie gibt es noch 14 weitere Romane, die in The Realm of the Elderlings spielen, aber nicht alle von Fitz handeln. Der fand seinen Abschluss 2017 in Die Tochter des Wolfes (Assassin’s Fate). In Deutschland hat die Serie eine verwirrende Publikationsgeschichte mit unterschiedlichen Titeln für die gleichen Romane. So erschien Der Adept des Assassinen auch als Der Weitseher und aktuell Die Gabe des Königs.

Akata Witch | Nnedi Okorafor (2011)

Akata Witch ist ein Jugendfantasybuch der US-amerikanischen Autorin nigerianischer Herkunft Nnedi Okorafor, die vor allem Science Fiction schreibt, aber auch dort meist afrikanische Mythen und teilweise auch Magie einbaut. Hier erzählt sie die Geschichte der zwölfjährigen Sunny, die in New York geboren wurde, aber nigerianische Eltern hat und als Albino in der Schule viel Ausgrenzung erfährt. Bis sie die Leopardenmenschen kennenlernt, die sie in die Welt der afrikanischen Mythen und Magie einführen. Okorafor schreibt kraftvoll über die innere Zerrissenheit von Menschen, die zwischen zwei Kulturen aufwachsen und nirgendwo richtig akzeptiert werden, was durch die nigerianischen und verschiedenen afrikanischen Einflüsse sehr erfrischend daherkommt, abseits ausgetretener Jugendfantasypfade. Mit Akata Warrior ist noch eine Fortsetzung erschienen, eine deutsche Übersetzung der beiden Bände gibt es bisher leider nicht.

Alice im Wunderland | Lewis Carroll (Alice’s Adventures in Wonderland, 1865)

In Alice im Wunderland erzählt der Mathematiker Lewis Carroll hintersinnig und mit viel Humor von der kleinen Alice, die einem Kaninchen, das keine Zeit hat, in einen Kaninchenbau und damit in eine wundersame Welt folgt, in der sie Tee mit einem verrückten Hutmacher trinkt, der Grinsekatze begegnet, Croquet mit einem Flamingo als Schläger spielt und Ärger mit der cholerischen Herzkönigin bekommt, die am liebsten Köpfe rollen sieht. Mit satirischem Blick nimmt Carroll die Erziehungsmethoden seiner Zeit aufs Korn. Völlig zurecht einer der größten Klassiker der Kinder- und Jugendbuchliteratur.

Alyx | Joanna Russ (The Adventures of Alyx, 1976)

Jonna Russ war die große Feministin der phantastischen Literatur in den 70er- und 80er-Jahren. In der Science Fiction ebenso zu Hause wie in der Fantasy schrieb sie zahlreiche Romane, aber auch einige Kurzgeschichten. Alyx ist ihre erste Kurzgeschichtensammlung und enthält fünf Geschichten, die zum Teil in der Fantasystadt Ourdh spielen, aber nicht alle klassische Fantasy sind, sondern auch Science-Fiction-Elemente enthalten. Hauptfigur ist die titelgebende Alyx, die von Russ als glaubhafte, authentische Frau beschrieben wird, was in der Fantasy dieser Zeit eine Seltenheit war. Sie arbeitet als Piratin, Schmugglerin, Attentäterin, muss sich mit bösen Zauberern rumschlagen, war als Jugendliche aber auch mit einem gewalttätigen und übergriffigen Mann verheiratet. Man kann Alyx durchaus als eine feministische Version von Ffahrd und dem grauen Mausling bezeichnen, auf die es Anspielungen gibt und in deren Geschichten Alyx auch erwähnt wird. In Alyx sind, anders als im späteren Werk von Russ, noch klassische Fantasyelemente enthalten, und doch sind schon die ersten Ansätze, mit diesen zu brechen, deutlich erkennbar.

American Gods| Neil Gaiman (2001)

Was, wenn es die alten Götter wie Odin, Loki oder Czernobog (aus der slawischen Mythologie) wirklich gibt und sie in unserer modernen Welt nach Amerika gezogen sind, wo sie mit dem Aufstieg neuer Götter konfrontiert sehen? Es kommt natürlich zum Krieg, und unser Protagonist Shadow gerät dabei zwischen die Fronten. Gaiman geht der Frage nach, wie alte Götter und alter Glaube in einer modernen Welt bestehen können und welche Götter aus dem Kapitalismus entstehen. Im Prinzip geht es um den Kulturclash aus moderner Welt und alter Traditionen und Lebensweisen. Das Buch gewann 2002 die Hugo, Nebula, Locus, SFX Magazine und Bram Stoker Awards und trug maßgeblich zum heutigen Kultstatus Gaimans bei. In Anansi Boys von 2005 greift Gaiman Figuren aus American Gods auf, hat aber keine Fortsetzung geschrieben.

Artemis Fowl | Eoin Colfer (2001–2019)

Artemis Fowl gehört zu den erfolgreichsten Jugendbuchserien der 2000er-Jahre. Und zu einer der ungewöhnlichsten, mit Artemis als jugendlichem Verbrechergenie, das auf eine verborgene Welt unter uns stößt, wo Elfen, Zwerge und andere Fabelwesen in einer hochtechnologisierten Gesellschaft leben. Arschcool, originell und schön gegen den Strom gebürstet. Wer nur die völlig vermurkste Verfilmung kennt, sollte den Büchern (neune an der Zahl bisher) trotzdem eine Chance geben.

Bannsänger | Alan Dean Foster (Spellsinger, 1981 – 1994)

Alan Dean Foster ist vor allem für seine Film-Tie-Ins bekannt, also seine Romanumsetzungen von berühmten Filmen wie Star Wars oder Alien. Doch auch seine eigenen Welten und Werke brauchen sich nicht zu verstecken; in der Science Fiction ist er vor allem durch seinen Homanx-Zyklus um Pip und Flinx bekannt, und in der Fantasy eben für seine Bannsänger-Romane. Diese erzählen auf sehr humorvolle Weise vom Jura-Studenten Jon-Tom Meriweather, der durch ein Portal in einer Fantasywelt landet, in der intelligente, rücksichtslose Tiere wie Fledermäuse, Bären, Tiger und Orang-Utans leben. Und natürlich schlummert in Tom eine magische Gabe (er ist ein Bannsänger), die er einsetzen muss, um das Reich vor einem gepanzerten Insektenvolk zu retten. Zur Seite steht ihm dabei ein marxistischer Drache. Insgesamt gibt es acht Romane, wobei nur die ersten beiden eine zusammenhängende Geschichte bilden, der Rest steht für sich selbst und zeigt nach dem polternden Humor des Auftakts deutlich mehr Tiefe und Vielseitigkeit. Im Prinzip die typische Hippie-Kiffer-Fantasy aus den Nachwehen der Flower-Power-Generation (Foster machte 1968 seinen Abschluss an der UCLA), aber mit dem gewissen Etwas, das die Romane besonders macht.

Belgariad – Die Gefährten | David Eddings (Pawn of Prophecy, Belgariad-Saga, 1982–1984)

Zuletzt hatte der 2009 verstorbene Fantasyautor David Eddings negative Schlagzeilen erhalten, als ein Zeitungsbericht kursierte, dass David zusammen mit seiner Frau Leigh 1970 wegen physischer Misshandlung ihres Adoptivsohns und psychischer Misshandlung ihrer Adoptivtochter Zeit im Gefängnis verbracht hatte. Wer das Werk Eddings kennt und weiß, wie einfühlsam der Autor über Kinder und Jugendliche schreiben konnte, dürfte sich gewundert haben. Ob die zwölf Jahre bis zur ersten Romanveröffentlichung Läuterung brachten, wird man nie erfahren. Doch der Debütroman Pawn of Prohecy (dt. auch als Kind der Prophezeiung erschienen) – dem Auftakt zur fünfteiligen Belgariad-Saga –, zeigt viel Empathie und Verständnis für die Nöte eines Jugendlichen, der durch besagte Prophezeiung in einen epischen Kampf zwischen Gut und Böse verwickelt wird und das Schicksal der Welt in den Händen hält. Klassische, familienfreundliche High-Fantasy, die so typisch für die 1980er war, durch die liebevollen Beschreibungen, den Humor und die sympathischen, aber doch kantigen Figuren trotzdem aus der Masse herausragt. Es sollten noch viele Romane und Serien Folgen, die in der gleichen Welt spielen und die Eddings teils mit seiner Frau Leigh zusammen geschrieben hat.

Die Blausteinkriege-Trilogie | T. S. Orgel (2015-2017)

Als 2012 Orks vs. Zwerge erschien, waren die Brüder Tom und Stefan Orgel eigentlich schon etwas spät dran für die Völkerfantasywelle, was dem Erfolg der Trilogie aber keinen Abbruch tat. 2015 lösten auch sie sich dann von dem Label und schufen mit dem Auftaktband Die Blausteinkriege ein eigenständiges High-Fantasy-Setting, in dem es um das Kaiserreich Berun geht und um dessen schwindende Macht. Mit den drei Hauptfiguren Sara, Marten und dem Puppenspieler führen sie durch ein Geflecht aus Intrigen, Ränke und, wie der Titel schon sagt, Kriegen. Eine packende Geschichte in einer gut ausgebauten Welt.

Die Borribles | Michael de Larrabeiti (The Borribles, Trilogie. 1976–1986)

Als der erste Band der Borribles-Trilogie des britischen Autors 1976 erschien, wurde er durchaus kontrovers aufgenommen, brach er doch deutlich aus den damals üblichen Jugendbuchkonventionen aus und thematisierte Gewalt und Werteverfall in unverblümter Sprache, ohne weichzuspülen oder zu beschönigen. Seine Figuren sprechen die Sprache der Straße und existieren am Rande der Gesellschaft (in London). Die Borribles sind Fabelwesen, die in den Schatten der modernen Gesellschaft leben, dort aber, frei und ungezwungen, die üblichen konservativen Zwänge der Gesellschaft karikieren. Ein vielschichtiges, subversives Buch, das nichts an Relevanz und Aktualität verloren hat.

Die Brautprinzessin | William Goldman (The Princess Bride, 1973)

Mit Die Brautprinzessin schuf William Goldman einen postmodernen Fantasyroman, der seinesgleichen sucht. Berichtet Goldman doch zunächst von sich selbst und seinen ersten Begegnungen mit dem fiktiven Buch S. Morgensterns klassische Erzählung von wahrer Liebe und edlen Abenteuern, das die eigentliche Geschichte um die Romanze zwischen Butterblume und Westley und ihren Abenteuern mit dem Meisterfechter Inigo Montoya – der den fünffingrigen Mörder seines Vaters sucht – und dem liebenswürdigen Riesen Fezzik erzählt. Goldman knüpft an eine schalkhafte Erzähltradition mit einem unzuverlässigen Erzähler an, der immer wieder Volten schlägt, falsche Fährten legt und munter drauflos fabuliert. Für eine Jubiläumsausgabe hat er das Ganze mit einem neuen Vorwort noch weiter auf die Spitze getrieben.

Die Brüder Löwenherz | Astrid Lindgren (Bröderna Lejonhjärta, 1973)

Auch fast 50 Jahre nach Erscheinen gibt es nur wenige Kinderbücher, die das Thema Trauer und Tod von Kindern so frontal und gleichzeitig einfühlsam angehen, wie Die Brüder Löwenherz. Nachdem Jonathan Löwe beim Versuch, seinen Bruder Karl (Krümel) vor einem Brand zu retten, ums Leben kommt, finden sich beide in dem Phantasieland Nangijala wieder, wo sie im Kirchtal zunächst ein schönes Leben führen, es aber bald mit dem Drachen Katla zu tun bekommen. Diskussionen gab es darüber, ob Lindgreb den Tod eher verharmlosend beschreibt oder eher akzeptierend. Auf jeden Fall ein Buch, dass man mit seinen Kindern gemeinsam lesen und besprechen sollte.

City of Brass | S. A. Chakraborty (The Daevabad Trilogy, 2017)

Die US-amerikanische Autorin Shannon A. Chakraborty schreibt historische Fantasy, die in City of Brass - dem Auftakt der Daevabad- Trilogy - im Kairo des 18. Jahrhunderts spielt und von der begabten Trickbetrügerin Nahri erzählt, die Adlige des Osmanischen Reiches aufs Kreuz legt und um ihre Besitztümer erleichtert, dabei versehentlich den Dschinn-Krieger Dara beschwört und mit ihm zusammen fliehen muss. Gejagt von übernatürlichen Mächten müssen sie einen Krieg verhindern. Moderne Fantasy in historischem Setting jenseits der üblichen viktorianischen Schauplätze. Erhielt viel Lob auch von renommierten Magazinen wie der New York Times Book Review. Einer der wenigen Titel auf der Liste, die noch nicht ins Deutsche übersetzt wurden.

Children of Blood and Bone: Goldener Zorn | Tomi Adeyemi (Children of Blood and Bone: The Orisha Legacy 1, 2018)

Tomi Adeyemi steht für eine moderne, vielfältige und fortschrittliche Fantasy, wie sie im englischsprachigen Raum schon viel etablierter ist als im deutschsprachigen Raum. Wie viele afroamerikanische Autor*innen ist sie von den Mythen und Kulturen ihrer Vorfahren inspiriert – hier speziell von Westafrika. Children of Blood and Bone erzählt von Zélie Adebola, die im Land Orisha lebt, wo alle Magiebegabten ermordet wurden; deren Nachfahren schlägt Unterdrückung und Hass entgegen. Gemeinsam mit ihrem Bruder Tzain und der Königstochter Amari wollen sie die Magie wiedererwecken. Aktuelle Themen wie Rassismus und Diskriminierung werden verbunden mit traditionellen westafrikanischen Mythen und Bräuchen, in einem Setting, das frisch und wenig abgenutzt wirkt. 

Conan | Robert E. Howard (Conan the Barbarian, 1932 bis 1936)

Mit seinen Conan-Geschichten gehört Robert E. Howard zu den Pionieren der Sword & Sorcery und dürfte auch der bekannteste Vertreter dieses Untergenres der Fantasy sein. 17 Kurzgeschichten veröffentlichte Howard zwischen 1932 bis 36 (bis zum frühen Tod Howards) im Pulp-Magazin Weird Tales. Conan ist ein leicht bekleideter Barbar mit großem Schwert, der die Zivilisation mit ihrer Dekadenz und Verkommenheit verachtet und sich vor allem als Dieb und Grabräuber mit Ehrenkodex durchschlägt. Dabei kämpft er gegen böse Zauberer, wilde Krieger, Dämonen und andere übernatürlich Wesen. Zwischenzeitlich ein wenig in Vergessenheit geraten, erhielt das Franchise um den Cimmerier, das von Autoren wie Lin Carter und L. Sprague de Camp am Laufen gehalten wurde, 1982 durch die Verfilmung mit Arnold Schwarzenegger einen neuen Aufschwung. Wer nur diese kennt, dürfte von Howards elegantem und fast schon poetischem Stil, den man in Pulpgeschichten eigentlich nicht erwartet, überrascht sein.

Corwin von Amber | Roger Zelazny (Nine Princes in Amber. Die Chroniken von Amber, 1970–1978)

Die Chroniken von Amber sind einer der großen Klassiker des Genres in den 1970er-Jahren, als Fantasybücher noch dünn waren, so dass man sie einige Jahre später bequem in Sammelbänden zusammenfassen konnte. Besteht aus zwei Zyklen mit jeweils fünf Romanen, wobei der zweite Zyklus als deutlich schwächer gilt. Erzählt wird die Geschichte Corwins, der zwar aus Amber stammt, aber in unserer Welt lebt und seine Erinnerungen an die mittelalterliche Stadt, die von seinem Vater Oberon regiert wird, verloren hat. Es folgen Anschläge auf sein Leben, und während er versucht, dem Rätsel und seinen verschwundenen Erinnerungen auf die Spur zu kommen, wird er immer tiefer in die machiavellistischen Intrigen der neun Prinzen von Amber hineingezogen.

Der Drachenbeinthron | Tad Williams (The Dragonbone Chair, Osten Ard/Das Geheimnis der großen Schwerter, 1988–1993)

Tad Williams Serie um Das Geheimnis der Großen Schwerter greift tolkieneske Motive auf, vermischt sie aber zu etwas sehr Eigenständigem. Mit großem Figurenarsenal etablierte Williams 1988 die später von George R. R. Martin übernommene figurenzentrierte Kapitel-Erzählweise. Was als Coming-of-Age Geschichte des Küchenjungen Simon Schneelocke beginnt, entwickelt sich zu einem epischen Schlachtengemälde voller Magie, Drachen und düsteren Prophezeiungen. Auch wenn es kürzlich Fortsetzungen gab, kann man die ursprüngliche Trilogie (im Deutschen vier Bände) als abgeschlossen betrachten.

Die 13 Gezeichneten | Judith und Christian Vogt (2018)

Die 13 Gezeichneten ist moderne Fantasy in urbanem, renaissanceartigem Setting, in dem es zu verhindern gilt, dass der mächtige Kaiser die verschollenen 13 Zeichen findet, die ihm uneingeschränkte Macht verleihen würden. Hauptfigur ist der großspurige Dawyd, der in die Rebellion gegen die imperialen Besatzer verwickelt wird. Faszinierend ist vor allem der Weltenbau, der sich um die Handwerkszünfte und ihre Geheimnisse mit der Magie der Zeichen dreht und deren Mitglieder Dawyd im Verlaufe der Geschichte besser kennenlernt. Das Autorenduo Judith und Christian Vogt ist schon seit einiger Zeit in der deutschsprachigen Phantasitkszene unterwegs, hat bereits den Deutschen Phantastik Preis erhalten und ist sehr bestrebt, etwas frischen Wind in das etwas verstaubte Genre zu bringen, vor allem in dem sie sprachlich, aber auch im Hinblick auf Figuren und Handlung mehr Diversität, Vielfalt und Progressivität einbringen. Bisher ist eine Fortsetzung erschienen.

Eine Reise durch die Zeit | Naomi Mitchison (Travel Light, 1952)

Über 90 Romane hat die britische Autorin Naomi Mitchison während ihrer langen Karriere geschrieben. Eine Reise durch die Zeit erzählt vom Waisenmädchen Halla, die bei ihrer Amme im Wald aufwächst, die sich in eine Bärin verwandeln kann. Die Geschichte kommt als Kinderbuch mit märchenhaftem Anstrich daher, enthält aber feinen Witz und subtile Brüche, die sämtliche Klischees unterlaufen und dem Ganzen eine politische Dimension verleihen, vor allem wenn es um die Geschlechterrollen und gesellschaftlichen Strukturen geht, die Halla auf ihren Reisen kennenlernt. Und ein Drache ist auch noch dabei.

Einfach Göttlich | Terry Pratchett (Small Gods, Scheibenwelt, 1992)

41 Scheibenweltromane hat Terry Pratchett bis zu seinem Tod 2015 geschrieben, die Wachen-Romane um Kommandant Mumm, die Hexen um Oma Wetterwachs, die Geschichten über den schusseligen "Zaubberer" Rincewind oder über den Tod. Viele von ihnen hätten auf dieser Liste landen können, mit ihren liebevollen Parodien auf die Fantasy und der hintergründigen Gesellschaftskritik. In Einfach Göttlich nimmt Pratchett die Religionen ebenso gekonnt und vielschichtig aufs Korn wie Monty Python einst in Das Leben des Brian. Es geht um den Gott Om, der als Schildkröte über die Scheibenwelt wandelt und nicht mehr in seine göttliche Gestalt zurückkehren kann, da es ihm an Gläubigen mangelt. Zusammen mit dem Novizen Brutha findet er sich bald im Konflikt mit religiösen Fanatikern wieder. Einfach Göttlich ist einer der wenigen Scheibenweltromane, die weit abseits von Ankh-Morpork und dem üblichen Handlungspersonal spielen.

Ein gutes Omen | Neil Gaiman und Terry Pratchett (Good Omens, 1990)

Neil Gaiman und Terry Pratchett gehören zu den beliebtesten und erfolgreichsten Fantasyautoren aller Zeiten und sind schon jeweils mit eigenen Titeln auf dieser Liste vertreten. Bei einer Zusammenarbeit so herausragender Autoren muss nicht zwangsläufig das Beste aus beiden Welten herauskommen, doch bei Ein gutes Omen ist genau dies der Fall: Die Apokalypse naht. Und Engel Erziraphael und Dämon Crowley wollen das verhindern, denn damit wäre das gemütliche Leben vorbei. Daraus entspinnt sich eine wilde Geschichte über den Antichristen, der bei der Geburt vertauscht wurde, die vier Reiter der Apokalypse und weiter biblische Prophezeiungen – natürlich mit viel hintergründigem Witz und sympathischen Figuren.

Die Elbenhandtasche | Kelly Link (Magic for Beginners, 2005)

Die Elbenhandtasche ist einer der wenigen Kurzgeschichtenbände auf dieser Liste. Link ist eine Meisterin ihres Fachs, die sich im Bereich des magischen Realismus und dem sogenannten Slipstream bewegt; also ihre Geschichten in unserer Welt spielen und die Magie dabei sehr subtil eintröpfeln lässt, bis die Handlung sich in teils abstruse Bahnen bewegt, dabei aber immer nachvollziehbar bleibt. Ein Feuerwerk an phantastischen Ideen aus den unterschiedlichsten Genres. Allerdings ist das Buch nichts für jene, die von einer Kurzgeschichte eine Pointe und Aufklärung erwarten.

Die Elfen | Bernhard Hennen & James Sullivan (2004)

Der zweite große deutschsprachige Völkerfantasyroman, der zusammen mit Die Zwerge den großen Boom der Fantasy in Deutschland auslöste. Und doch zwei Romane, die nicht unterschiedlicher sein könnten, umspannt Die Elfen doch einen epischen Zeitraum von 1.000 Jahren und erzählt eine tragische und tieftraurige Geschichte von Farodin, Nuramon und der Elfenkönigen Emerelle, die sich in der Albenmark einigen Bedrohungen gegenübersehen. Hennen schrieb noch zwölf weitere Romane, die in dieser Welt angesiedelt sind (ein dreizehnter soll 2021 folgen), Sullivan kehrte 2013 mit Nuramon zur gleichnamigen Figur zurück.

Elric von Melniboné | Michael Moorcock (1961/62)

Von allen Inkarnationen des ewigen Helden in Michael Moorcocks Multiversum dürfte Elric der bekannteste und beliebteste sein. Etwas Tragisches schwingt ihnen allen mit, ob Corum, Falkenmond oder Erekosë, doch bei Elric nimmt die Melodramatik und Tragik seiner Gestalt aufgrund des Schicksals seiner Freunde und Weggefährten und durch sein Schwert Sturmbringer eine ganz andere Dimension an. Stilistisch merkt man den sechs zentralen Romanen im Original durchaus an, dass sie auf die Schnelle runtergeschrieben wurden (gerade im Vergleich zu anderen Werken Moorcocks), doch dem faszinierenden Füllhorn an originellen bis bizarren Ideen tut dies keinen Abbruch, weshalb die Kultfigur Elric nicht nur dem Genre der Sword & Sorcery neuen Schwung verlieh, sondern auch die Popkultur durch Bands wie Hawkwind und beeinflusste.

Erdsee | Ursula K. Le Guin (Earthsea, 1968 – 1972)

Mit Der Magier von Erdsee löste sich Le Guin 1968 von den damals schon üblichen Fantasytropen und betrat Neuland. Die Geschichte des schwarzen Magiers Ged, der in der Inselwelt von Erdsee das Zaubern erlernt und erwachsen wird, kommt mit einer poetisch schönen Sprache daher und eine Handlung jenseits vom Kampf Gut gegen Böse. Eine Emanzipation von der bis dato immer noch durch die Pulp-Literatur geprägten Fantasy, voller Vielfalt und Weisheit. Mit Die Gräber von Atuan und Das ferne Ufer gibt es direkte Fortsetzungen, in den Ged wieder als Protagonist auftaucht, wobei er in Teil 2 eine etwas untergeordnete Rolle spielt. Der nachgeschobene Band 4 Tehanu steht gesondert auf dieser Liste.

Linkliste

  • Top 100: Alle 100 Titel auf einen Blick
  • zu Teil 2 (Titel 26 bis 50)
  • zu Teil 3 (Titel 51 bis 75)
  • zu Teil 4 (Titel 76 bis 100)