Fantasy

Die 10 besten Fantasy-Bücher des Jahres 2020

Die 10 besten Fantasy-Bücher des Jahres 2020
© Keller / Pixabay

Christian Handel, 30.12.2020

Kurz vor Jahresende blicken wir noch einmal zurück auf die Bücher, die uns begeistert haben. Welches sind die besten Fantasy-Romane aus dem Jahr 2020?

Das sternenlose Meer | Erin Morgenstern

Übersetzung: Karin Will • Blessing, Hardcover, 640 Seiten • 22,00 €

Erin Morgenstern schreibt besonders. Das bewies sie bereits mit ihrem Debüt Der Nachtzirkus. Zwischen diesem Buch und ihrem zweiten Roman liegen fast zehn Jahre. Und wenn man in Das sternenlose Meer eintaucht, ahnt man auch weshalb. Vielschichtig und voller Symbole ist die Geschichte, die sie um den Protagonisten Zachary herumspinnt. Der Student stolpert über ein geheimnisvolles Buch, und darin über eine Episode aus seiner eigenen Kindheit. Das inspiriert ihn dazu, sich auf eine abenteuerliche Reise zu begeben – auch zu seiner großen Liebe. In diesem Buch hüllen märchenhafte Geschichten einander ein wie die Schalen den Kern einer Zwiebel. Je weiter man blättert, desto mehr enthüllt sich. Diese verschachtelte und mitunter auch verworrene Erzählweise spaltet ebenso wie Morgensterns poetischer Stil die Gemüter. Tatsächlich ist das Buch eine gewisse Herausforderung. Doch jene Leser*innen, die dem Zauber des sternenlosen Meeres erliegen, werden es lieben.

Die Meisterin | Markus Heitz

Knaur, Taschenbuch, 480 Seiten • 14,99 €

Deutlich zugänglicher liest sich Die Meisterin, Auftakt einer jahrhunderteumspannenden Phantastik-Trilogie: Geneve Cornelius arbeitet als Heilpraktikerin in Leipzig, ohne dass ihre Kunden ahnen, dass sie in Wirklichkeit eine Unsterbliche ist. Nachdem ihr entfremdeter Bruder in London ermordet wird, lebt eine uralte Fehde zweier Scharfrichter-Familien wieder auf und Geneve gerät in das Zentrum eines Kampfes von Hexen, Gestaltwandlern und Dämonen. Sympathische Figuren, überraschende Wendungen, ein packender Weltenentwurf und ein actiongetriebener Plot sorgen für äußerst unterhaltsame Lese-Stunden. Ganz nebenbei erfährt man auch noch vieles über die historische Hexenverfolgung und das Leben von Henkern und ihren Familien.

Die Tribute von Panem X: Das Lied von Vogel und Schlange | Suzanne Collins

Übersetzung: Peter Klöss, Sylke Hachmeister • Oetinger, Hardcover, 608 Seiten • 26,00 €

Zehn Jahre nach der Veröffentlichung des Finales ihrer Hunger Games-Trilogie führt Suzanne Collins Leser*innen nach Panem zurück. Die Welt von Katniss Everdeen wirkt allerdings stark verändert. Das liegt daran, dass Das Lied von Vogel und Schlange über sechzig Jahre vor der ursprünglichen Trilogie spielt. Panem ist von dem vernichtenden Bürgerkrieg gezeichnet. Das Kapitol liegt in Ruinen. Statt die zehnten Hungerspiele aus Sicht eines Tributs zu erzählen, steht der Mentor eines Tributs im Mittelpunkt: Coriolanus Snow – der Jahrzehnte später als Präsident der Antagonist der eigentlichen Reihe ist. Collins deutet im Rahmen einer packenden Geschichte an, wie und weshalb sich das unter Armut leidende Kapitol zu einem dekadenten Sündenpfuhl entwickelt und was für ein Mensch Snow als Jugendlicher war. Kein leichtes Unterfangen, aber beeindruckend erzählt.

Ministry of Souls | Akram El-Bahay

Bastei-Lübbe, Taschenbuch, 352 Seiten • 16,00 €

Akram El-Bahay wurde 2015 für Flammenwüste mit dem Phantastik-Literaturpreis SERAPH für das Beste Debüt ausgezeichnet. Seither hat er in diversen Büchern Leser*innen in unterschiedliche phantastische Welten entführt, die er sehr gelungen mit orientalischen Märchenmotiven ausschmückt. Auch sein neues Buch Ministry of Souls gewinnt dadurch. Zunächst beginnt die Geschichte wie ein britischer Phantastik-Roman. Im Mittelpunkt steht Jack, ein angehender Soulman, der in den 1850er Jahren die Seelen der frisch Verstorbenen auf ihren Weg ins Jenseits schicken soll. Gleich bei seinem ersten Außeneinsatz geht etwas schief. Und da darin die Tochter eines arabischen Emirs eine Rolle spielt, halten auch in diesen London-Roman Figuren aus dem morgenländischen Mythenschatz Einzug in die Geschichte.

Der Orden des Geheimen Baumes | Samantha Shannon

Übersetzung: Wolfgang Thon • Penhaligon, Hardcover, je 544 Seiten • je 22,00 €

Wuchtig auf mehr als eine Weise: Samantha Shannon (The Bone Season) erschafft mit Der Orden des Geheimen Baumes, der hierzulande in zwei Hardcover aufgeteilt ist, eine opulente Welt, wie man sie eigentlich nur aus vielbändigen High Fantasy-Zyklen kennt. Hut ab! Darüber hinaus bevölkert sie ihren Roman mit einer Handvoll vielschichtiger Charaktere, von einer Drachenreiterin über einen Alchemisten bis hin zur Leibwächterin eines Königs. Machtkämpfe, verbotene Magie, Verschwörungen und Drachen – im Westen der Welt gefürchtet, im Osten göttergleich verehrt – sind die klassischen Zutaten dieses bemerkenswerten Epos, das sich nach einem zähne Start in einen beeindruckenden Pageturner entwickelt.

Vengeful. Die Rache ist mein | V. E. Schwab

Übersetzung: Petra Huber / Sara Riffel • Fischer TOR, Taschenbuch; 528 Seiten • 16,99 €

Düstere Superhelden, angetrieben von Rache, Neid und Größenwahn. Victoria Schwab beendet mit Vengeful ihren Zweiteiler um die ExtraOrdinären: Menschen, die durch Nahtoderfahrungen Superkräfte entwickeln. Und auf dieses spannende Gedankenexperiment lässt sie sich voll und ganz ein. In ihrer Reihe lotet die Autorin sowohl Untiefen der menschlichen Psyche aus als auch die Möglichkeiten, die noch immer im Superhelden-Genre stecken. Wer bisher geglaubt hat, solche Geschichten funktionieren nur in Comicform oder auf der großen Leinwand, wird in Vicious und Vengeful angenehm überrascht. Was sicher auch daran liegt, dass Schwab teilweise das Publikum richtiggehend durch die Handlung treibt. Vengeful ist böse, makaber und richtig spannend.

Diebe der Nacht | Thilo Corzilius

Klett-Cotta, Hardcover, 480 Seiten • 22 €

Ein fahrender Gauklertrupp, der nicht nur ein mechanisches Theater betreibt, sondern in der Nacht als Diebesbande arbeitet; eine mediterrane Lagunenstadt; ein Gaunerstück, das schief läuft und ein sinister Magier, der die Trickbetrüger für seine eigenen Zwecke einspannen will. Diebe der Nacht von Thilo Corzilius lebt von seiner verträumten Atmosphäre und der schönen Sprache des Autors. Mit Scott Lynch, Leigh Bardugo und Cornelia Funke nennt er große Vorbilder, die ihn zu seinem Buch inspiriert haben und tatsächlich erinnern diverse Elemente des Romans an die Werke dieser Autor*innen. Allerdings ist es dem Autor gelungen, sich eben diese Elemente ganz zu eigen zu machen und etwas Neues zu schaffen.

Das Buch ist ein Einzelband, macht aber Lust auf mehr!

Brombeerfuchs – Das Geheimnis von Weltende | Kathrin Tordasi

Fischer Sauerländer, Hardcover, 384 Seiten • 16,00 €

Ein sprechender Fuchs lockt die Kinder Portia und Ben durch eine Tür in einer Brombeerhecke aus dem modernen Wales in das phantastische Reich der Feen. Doch nicht nur das Vogelvolk der Adar, gestaltwandelnde Salamander und die zickige Feenkönigin Titania erwarten die drei in der Anderswelt. Die Hunde von Annwn, Graue Reiter und ein König, der sämtliche Welten im Nebel ertränken will, heften sich an ihre Fersen.

Brombeerfuchs – Das Geheimnis von Weltende ist ein Kinderbuch, das ebenso verzaubert wie Die Chroniken von Narnia und andere Portal-Fantasybücher. Darüber hinaus greift es einige ernste Themen wie der Umgang mit dem Verlust eines Elternteils auf. Mit ihrem bildhaften Schreibstil lockt die Autorin ihr Publikum immer tiefer in ein Land, gebaut aus keltischen Mythen: ein bisschen gruselig, vor allem aber magisch.

Zauberklingen | Joe Abercrombie

Übersetzung: Kirsten Borchardt • Heyne, Taschenbuch, 768 Seiten • 16,99 €

Mit Zauberklingen kehrt Abercrombie zwar in ein Universum zurück, in dem er bereits zahlreiche Romane angesiedelt hat. Wenn man über die eine oder andere Anspielung hinwegsehen kann, eignet sich das Buch aber auch sehr gut für Einsteiger in die Klingen-Welt. Die hat sich, seid ihr Autor ihr den letzten Besuch abgestattet hat, deutlich weiterentwickelt. Es ist das Zeitalter der Industrialisierung – und damit einhergehend des Kapitalismus. Magie schwindet. Stattdessen konzentriert sich die Geschichte auf Charakterzeichnungen und Milieustudien: Fabrikanten und Bankiers laufen Stadthaltern und dem alten Adel den Rang ab und die Kluft zwischen Arm und Reich wächst zusehends. Das ist der Nährboden für die spannenden Einzelschicksale, denen Abercrombie diesen Band widmet.

Der Garten der schwarzen Lilien | Katharina V. Haderer

Knaur, Taschenbuch, 400 Seiten • 9,99 €

Ein Gardist und eine Alchemistin gehen in Katharina V. Haderers Black Alchemy-Trilogie ein Zweckbündnis ein, um ein Schwert zu finden, das die Macht hat, Tote aus den Gräbern zu locken – und dadurch für grauenhaftes Chaos sorgt. Düster und dreckig ist die Fantasygeschichte, die die Autorin webt und die sie in einer glaubhaften Mittelalter-Welt ansiedelt. Der Schreibstil sorgt für ordentlich Kopfkino – auch bei den recht blutigen Kampfszenen, die nichts für zarte Gemüter sind. Die Charaktere – nicht nur die beiden Hauptfiguren – reiben sich aneinander. Man folgt ihnen gern durch die Handlung, weil sie detailreich ausgearbeitet und herrlich unperfekt sind. Die Trilogie liegt inzwischen komplett vor.