Fantasy

Die 10 besten animierten Fantasy-Serien für Erwachsene

Szene aus "Frieren". Hauptfigur Frieren ist von hinten zu sehen, wie sie mit einem Koffer in der Hand einen Waldweg entlang geht. Sie ist eine relativ kleine Elfe mit spitzen Ohren und weißen Haaren.
© Crunchyroll/Madhouse

Markus Mäurer, 02.05.2024

Zeichentrick ist nicht nur Kinderkram. Auch und vor allem nicht in der Fantasy. Markus Mäurer stellt uns zehn der besten animierten Fantasy-Serien vor, die auch Erwachsene ansprechen.

Wenn wir darüber nachdenken, was unsere Liebe zur Fantasy geprägt hat, fallen den meisten Menschen (vor allem meiner Generation 40+) vermutlich erst mal Bücher ein wie Der Herr der Ringe oder Elric, vielleicht noch Realfilme wie Conan, Pen-&-Paper-Rollenspiele und eventuell Computerspiele ein. Die Zeichentrickserien, die wir als Kinder gesehen haben, fallen gerne unter den Tisch, sind aber locker ebenso prägend gewesen. Meine Liebe zur Fantasy dürfte vor allem durch die auf dieser Liste enthaltene Serie Dungeons and Dragons (Im Land der fantastischen Drachen) geprägt worden sein, aber auch von anderen Sachen aus dem Kinderprogramm von RTL, Vox und Tele 5 wie Thundercats, Doktor Snuggles, Gargoyles oder He-Man.

Diese Serien waren damals noch relativ einfach gestrickt, mit abgeschlossener Handlung pro Folge und gerne auch einer Moral der Geschichte, damit die Kleinen etwas daraus lernen (sei kein Arschloch z. B.). Heute finden animierte Fantasyserien auf einem ganz anderen Level statt, mit Folgen überspannenden Handlungsbögen, vielschichtigen Figuren und ernsten Themen. Einige von ihnen richten sich an ein eher erwachsenes Publikum, also die Kinder von damals, die mit dem Medium älter geworden sind, die Liebe zur Animation aber nicht verloren haben. (Gleich vorweg, Superheldenserien wie Invincible wird es auf dieser Liste nicht geben, die laufen bei mir nicht unter Fantasy.)

Arcane

Eine computeranimierte Fantasyserie basierend auf dem Multiplayer-Online-Battle-Arena-Computerspiel League of Legends. Die hatte vor Erscheinen niemand auf dem Schirm und entsprechend gab es keine hohen Erwartungen. Ich hatte auch keine. Doch wie man sich täuschen kann. Denn die Serie, die die Geschichte des Geschwisterpaars Vi und Powder in einer steampunkigen Welt erzählt, punktet nicht nur in Sachen kunstvoller Animation, sondern auch durch sehr ausgefeilte Figuren, psychologischen Tiefgang, erzählerische Wucht, mitreißende Dramatik und sehr progressive Themen, die ganz natürlich in die Erzählung integriert sind. Der Veröffentlichungsrhythmus von jeweils drei Folgen pro Termin war mit der Narration perfekt abgestimmt. Arcane ist vielschichtige, anspruchsvolle, aber doch sehr unterhaltsame Phantastik mit genau der richtigen Balance aus rasanter Action und zwischenmenschlichen Szenen. (Netflix)

Avatar – Der Herr der Elemente (The Last Airbender)

Avatar ist eine von Nickelodeon produzierte Zeichentrickserie für Kinder, die das Medium der Kinderserie auf ein neues Level gehoben hat. In einer Welt, die von südostasiatischen Mythen inspiriert ist und deren Völker nach Beherrschung der unterschiedlichen Elemente unterteilt sind, folgen wir der jungen Wasserbändigerin Katara, die mit ihrem Bruder Sokka, Aang, den letzten Luftbändiger und Avatar, begleitet. Zusammen mit dessen knuddeligem Flugtier Aapa flüchten sie vor der welterobernden Feuernation und müssen die Welt retten. Doch unterwegs erleben sie viele kleine Abenteuer, die den Figuren Charme und Charakter verleihen und den jungen Zuschauer*innen viele interessante moralische Fragen präsentieren.

Das für mich wichtigste Element der Serie - die drei Staffeln hat - ist aber weder Feuer, Wasser, Luft noch Erde, sondern der Humor. Der kommt sehr leichtfüßig daher und mildert das Bedrohliche der Haupthandlung deutlich ab. Ein Humor, der der aktuellen Realverfilmung von Netflix leider völlig abgeht. Mit der Nachfolgeserie Legend of Korra wurde Bahnbrechendes in Sachen Diversität und Repräsentation geleistet. (Netflix)

Im Land der fantastischen Drachen (Dungeons & Dragons)

Nichts hat mich für die Fantasy so geprägt, wie die Zeichentrickserie Im Land der fantastischen Drachen, die 1991 auf RTL+ samstags im Morgenprogramm lief. Eine Gruppe Jugendlicher verschlägt es während der Fahrt mit einer Geisterbahn in eine Fantasywelt, wo sie direkt von einem Drachen angegriffen werden. Unterstützung erhalten sie vom manipulativen Dungeon Master, der ihnen sagt, sie könnten es nach Hause schaffen, wenn sie verschiedene Aufgaben (Quests) erledigen. Jeder von ihnen wird mit besonderen Fähigkeiten ausgestattet. Presto ist ein unzuverlässiger Zauberer, Hank erhält einen Energiebogen, Eric einen magischen Schild, Diana akrobatische Fähigkeiten, Sheila kann sich unsichtbar machen und der kleine Bobby wird zum Barbaren mit Keule. Ihr Gegenspieler ist der Zauberer Venger, der wiederum vom fünfköpfigen Drachen Tiamat verfolgt wird.

Die Serie lief im Kinderprogramm und ist auch für kleine Zuschauer konzipiert, doch in den Drehbüchern steckt mehr Substanz und Tiefe, als es auf den ersten Blick scheint. Es werden immer wieder ernste Themen angesprochen und die Kinder sensibel an sie herangeführt. Die jugendlichen Helden hatten übrigens kürzlich einen kleinen Cameo im Film Dungeons & Dragons: Ehre unter Dieben.

Insgesamt gibt es drei Staffeln, das Finale wurde nie gedreht, leider ist die Serie aktuell auf Deutsch schwer zu bekommen. Ich habe mir vor einigen Jahren die englische DVD-Box gekauft.

Der dunkle Kristall: Ära des Widerstands (Age of Resistance)

Die Jim Henson Company ist vor allem für die Muppet-Show mit Kermit dem Frosch und Miss Piggy bekannt. Doch die unbändige Kreativität der Truppe führte 1982 zu einem eher düsteren Fantasyfilm, der ganz mit Puppen und phantastischen Kulissen gedreht wurde. Regie führten Jim Henson und Frank Oz (die Stimme von Yoda). Jim Henson ist bereits 1990 verstorben, die Firma wurde von seinem Sohn Brian und anderen Familienmitgliedern weitergeführt. 2019 produzierte das Studio für Netflix eine zehnteilige Serie, in der die Vorgeschichte zum Film erzählt wird. Dazu nutzte man die alte Puppentricktechnik und ergänzte sie mit modernem CGI, was zu einem toll aussehenden Ergebnis führte. Drei Gelflinge versuchen hinter das Geheimnis der Skekse zu kommen, mit dem sie den Planeten beherrschen. Wie der Titel schon andeutet, kommt es zu einer Revolution. Der Serie gelingt es, erfolgreich an den alten Film anzuknüpfen, fängt sein Wesen und die Nostalgie gut ein, schafft es dabei aber trotzdem modern zu wirken. Wirklich schade, dass so originelle Fantasy nicht ausreichend Zuschauer*innen findet. Nach einer Staffel wurde die Serie eingestellt. (Netflix)

Frieren - Nach dem Ende der Reise

Eigentlich stand hier schon Demon Slayer als Vertreter aktueller Animes auf der Liste, doch dann, als ich eigentlich eine Folge One Piece schauen wollte, lockte mich Crunchyroll in die Welt von Frieren.

Eine Elfenmagierin, ein Priester, ein Zwergenkrieger und ein Paladin retten die Welt vor einem Dämonenkönig. Und dann geht die Serie los. Sie kehren zurück, werden als Helden gefeiert und gehen ihrer Wege. Elfenmagierin Frieren ist unsterblich und hat ein anderes Zeitgefühl. Als sie nach einer kurzen Reise zurückkehrt, sind ihre Gefährten alte Männer geworden. Und bald stirbt der erste. Um Priester Himmel einen Gefallen zu tun, nimmt sie sich der magischen Ausbildung seines Mündels Fern an. Und so reisen die beiden durch die Welt, erfüllen Aufträge, wachsen an ihrer Reise und sammeln eine neue Gruppe um sich.

Frieren ist eine wunderschön animierte und sehr ruhig inszenierte Serie, deren Poesie in der Langsamkeit und dem unterschiedlichen Zeitempfinden liegt. Frieren reflektiert über die Abenteuer mit ihren Gefährten, die wir in kurzen Rückblenden zu sehen bekommen, und versucht daraus zu lernen. In allen anderen hier aufgelisteten Serien liegt der Schwerpunkt auf Kämpfen, nicht so bei Frieren. Und allein das ist im Fantasygenre schon eine angenehme Abwechslung. Fun Fact, die Figuren wie Himmel, Eisen oder Heiter heißen auch in der japanischen Originalfassung so und die Namen entsprechen teils ihren Eigenschaften. Da könnt ihr euch wohl selbst ausmalen, ob Baron Lügen zu trauen ist. (Die erste Staffel mit 28 Folgen gibt es aktuell bei Crunchyroll, im Herbst soll sie auch auf DVD und Bluray erscheinen.)

Der Prinz des Drachen (The Dragon Prince)

Diese Serie stammt von Aaron Ehasz, der schon an Avatar mitgewirkt hat, und ist im Prinzip die logische Fortführung der progressiven Entwicklungen, die in Avatar und Legend of Korra begonnen haben. Ebenfalls eine Netlix-Serie, zielt sie auf ein deutlich jüngeres Publikum ab als z. B. Arcane und zeigt, dass Fantasygeschichten auch anders als nach den üblichen Klischees und Tropen erzählt werden können, mit einer ganz selbstverständlich eingeflochtenen Repräsentation diverser Figuren.

In einer zunächst noch fast klassisch wirkenden Handlung, müssen die Prinzen Callum und Ezran zusammen mit der Elfe (und Attentäterin) Rayla ein Drachenei beschützen und gegen dunkle Mächte bestehen. Doch nicht alles ist so, wie es auf den ersten Blick scheint. Vor allem die Art, wie Probleme gelöst werden, bewegt sich jenseits der üblichen angestaubten Muster. (Netflix)

The Legend of Vox Machina

The Legend of Vox Machina erschien relativ kurz nach Arcane und hatte es dadurch bei mir schwer, da es weder an dessen raffinierte Erzählkunst heranreicht, noch an die vielschichtigen Figuren und das innovative Setting. Vox Machina ist aus einer Dungeons-and-Dragons-Rollenspielrunde von Critical Role per Kickstarter entstanden und bietet dementsprechend eher konventionelle Rollenspielfantasy mit der Heldengruppe (sieben an der Zahl, mit unterschiedlichen Fähigkeiten), die Questen lösen und das Böse besiegen muss. Da kann man beim Zusehen fast noch die sechsseitigen Würfel im Hintergrund rollen hören. Aber das, was die Serie macht, macht sie gut. Erwachsene Rollenspielfans (sie ist recht brutal und es wird viel geflucht) dürften hier auf ihre Kosten kommen. (Bisher gibt es zwei Staffel, die Serie ist auf Amazon Prime verfügbar.)

Primal

Die für mich beste Fantasyserie (nicht nur was animierte Serien angeht und neben Arcane und Frieren) ist für mich übrigens Genndy Tartakovskys Primal. In einer urzeitlichen Welt finden ein Urzeitmensch und ein Dinosaurier nach dem Verlust ihrer jeweiligen Familien zueinander und entwickeln im gemeinsamen Überlebenskampf eine tiefe Freundschaft. Was zunächst wie ein klassischer Überlebenskampf in einer archaischen Welt wirkt, die unserer Vergangenheit (mal abgesehen von einer gewissen Lücke von 60 Millionen Jahren) ähnelt, entwickelt sich immer mehr zu einer Fantasyserie, die an Heavy Metal, Ralf Bakshis Feuer und Eis und die Comics von Philippe Druillet und Co. erinnert, wenn Spear und Fang es z. B. mit Hexen zu tun bekommen. Auf den ersten Blick wirkt die Serie ultrahart und brutal, und das ist sie auch (allein die Folge mit dem Zombie-Brontosaurus geht dermaßen an die Nieren), aber neben der expliziten Gewalt besitzt sie auch psychologischen und emotionalen Tiefgang. Immer wieder gibt es berührende und schöne Momente in dieser Serie über Trauer, Trauma, Verlust und Freundschaft. Und sie kommt ganz ohne Worte aus. Primal ist auf zwei Staffel begrenzt und findet einen runden Abschluss - kürzlich wurde aber bekannt, dass Tartakovsky doch an einer dritten Staffel arbeiten soll. (Die Serie ist immer wieder mal bei Sky/WOW verfügbar, kann aber auch digital im Heimkinomarkt erworben werden.)

Record of Loddos War

Damals, kurz nach dem Krieg und vor Peter Jacksons Herr der Ringe-Verfilmung, da hatten wir ja nichts – also was epische Fantasy auf dem Bildschirm angeht. Ein paar Filme wie Conan und seine italienischen Nachahmer á la Ator, einige märchenhafte Fantasyfilme wie Labyrinth oder Die Brautprinzessin, aber aufgrund der noch fehlenden Technik für Spezialeffekte nichts wie Game of Thrones, Rings of Power, Wheel of Time oder The Witcher.

Eine der wenigen Ausnahmen stellt die japanische Anime-Serie Record of Lodoss War von 1991 dar. Dass sie sich an einem westlichen Fantasysetting orientiert, dürfte auch der Tatsache geschuldet sein, dass sie aus einer D&D-Rollenspielrunde entstanden ist. Spielleiter Ryō Mizuno hatte das Transkript der Runde zu einer Romanreihe ausgearbeitet, auf die zunächst eine Manga-Adaption folgte und schließlich die Anime-Serie.

Die erzählt im Prinzip ein klassisches Rollenspielabenteuer, in dem eine Gruppe, bestehend aus einem jungen Krieger, einer Elfe, einem Zwerg, einem Priester, einem Magier und einem Dieb mehrere Questen absolvieren müssen, um die dunkle Bedrohung auf der Insel Lodoss durch eine dunkle Göttin und Drachen aufzuhalten. Interessant ist hier, dass es mehr als zwei Parteien gibt und nicht immer ganz klar ist, wie böse die Bösen wirklich sind. Es gibt große Schlachten, phantastische Wesen, viel Magie und auch ein kleine Prise Humor. Die sexistische Darstellung der Frauen hält sich für eine Anime-Serie dieser Zeit zum Glück in Grenzen. Das Genre erfindet die Serie nicht neu, einige der Animationen sind auch nicht so gut gealtert, insgesamt sieht sie aber immer noch hübsch aus und dürfte allen Spaß machen, die gerne mal wieder etwas altmodische Fantasy schauen wollen. (Aktuell ist die Serie nicht im Stream erhältlich, es gibt aber eine deutsche Blue-Ray-Ausgabe.)

She-Ra und die Rebellen-Prinzessinnen

Fast parallel zu She-Ra lief auf Netflix auch die Kevin-Smith-Serie Masters of the Universe: Revelations, die sich eher an jene Generation um die 40 richtete, die selbst noch als Kinder mit den He-Man-Figuren von Mattel gespielt hat (wie ich), und die mit der damaligen Zeichentrickserie aufgewachsen ist. Alles relativ klassisch gehalten. Doch She-Ra geht andere Wege. Allein schon der Zeichenstil sticht heraus, wirkt deutlich niedlicher und täuscht über den Tiefgang der Serie hinweg – zumindest auf den ersten Blick. Das Zielpublikum ist deutlich jünger, Vorkenntnisse sind nicht vonnöten (auch nicht zu der alten She Ra-Serie), die Kinder aus meinem Freundeskreis hatten viel Spaß mit der Serie.

Adora wächst zusammen mit Catra in Hordaks Horde auf und wird dort zur Kriegerin ausgebildet, bis sie in einem verbotenen Gebiet ein Schwert findet und eine Stimme hört. Nachdem sie in Gefangenschaft gerät, bekommt sie Zweifel, ob das, was die Horde tut, wirklich richtig ist. Und wie Prinz Adam zu He-Man wird Adora irgendwann zu She-Ra und kämpft für das Gute und aus Ziehschwestern werden Feindinnen. Doch die Serie ist deutlich komplexer, als die kurze Inhaltsbeschreibung, mit einem großen Figurenarsenal.

Eine solche Bestenliste ist natürlich nie ganz vollständig, manchmal heftig umstritten und es hätten auch ganz andere Titel auf ihr stehen können. Eigentlich ist sie auch einen Tick zu netflixlastig. Und vor allem ist sie durch meinen persönlichen Geschmack geprägt, der ein bisschen nostalgisch, aber auch hungrig auf neue, moderne und progressive Fantasy ist. Einige der Serien auf der Liste dürften gezeigt haben, dass Zeichentrick kein reiner Kinderkram ist. Wobei an Kinderkram auch nichts auszusetzen ist, den dürfen wir uns auch als Erwachsene ohne eigene Kinder gerne ansehen.

Markus Mäurer

Der ehemalige Sozialpädagoge und Absolvent der Nord- und Lateinamerikastudien an der FU Berlin, der seit seiner Kindheit zwischen hohen Bücherstapeln vergraben den Kopf in fremde Welten steckt, verfasst seit über zehn Jahren Rezensionen für Fantasyguide.de, ist ebenso lange im Science-Fiction- und Fantasy-Fandom unterwegs (Nickname: Pogopuschel), arbeitet seit einigen Jahren als Übersetzer phantastischer Literatur und ist auf Tor Online für das Content Management und die Redaktion verantwortlich.

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