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"Inspiriert haben mich die Slasher Movies meiner Jugend" – Interview mit Mats Strandberg

Interview mit Mats Strandberg
TOR Team, 02.09.2022
 

Im neuen Roman von Horror-Spezialist Mats Strandberg wird’s blutig. Im Interview erzählt er, welche Filme ihn zu Die Konferenz inspiriert haben und was den Reiz guten Horrors für ihn ausmacht.

FISCHER Tor: Hi Mats, im September erscheint dein neuer Roman Die Konferenz und wir fiebern dem schon ziemlich entgegen. Als wir im Verlag über das Projekt gesprochen haben, taten sich zwei Lager auf. Eines sagte: Wow, das ist ein echt blutiger Thriller. Die anderen sahen darin eher einen Horrorroman in der Tradition von Freitag der 13. und anderen Splatterfilmen. Wer hat recht?

Nun, warum nicht beide? Aber die Inspiration für Die Konferenz kommt definitiv von den Slasher Movies, mit denen ich aufgewachsen bin und die meine Liebe für den Horror entfachten. Tatsächlich war es mein Ziel, das auf die Höhe zu treiben, was ich am meisten am Horror mag: Die unbeschreibliche Spannung , wenn die Lieblingsfigur sich vor dem Killer versteckt, der ihr auf der Spur ist. Der Adrenalinstoß, wenn jemand durch den Wald gejagt wird. Und der Spaß an einfallsreichen Tötungsmethoden statt reiner Quälerei. Aber anstelle von dummen und notgeilen Teenagern wollte ich ausgereifte, vielschichtige Figuren schreiben.

Deine Figuren sind wirklich sehr realistisch und bodenständig. Ich glaube, wer jemals in einem Büro gearbeitet hat, kann eine Beziehung zu ihnen aufbauen, kennt sie auf die eine oder andere Weise. Das bringt mich zu der Frage: War es schwierig, zu entscheiden, wer leben darf und wer sterben muss?

Nein, das hat sich ganz natürlich ergeben. Und danke – ich bin ganz erleichtert zu hören, dass man auch in Deutschland diese "Bürotypen" wiedererkennt.

Dein Roman birgt sehr viele unterschiedliche Themen, manche davon sind politisch: Burn-outs, Mobbing am Arbeitsplatz, Enteignung und so weiter. Ich kann mich dem Eindruck nicht erwehren, dass da auch eine Gesellschaftskritik mitschwingt. Wie stehst du zum Kapitalismus?

Nun … womit ich ein Problem habe ist Hyperkapitalismus, da er unseren Planeten kaputt macht und uns dazu bringt, uns zu Tode zu arbeiten, während wir nie das Gefühl haben, glücklich sein zu dürfen, außer wir konsumieren mehr und mehr … sprich: Horror! Aber für mich liegt die eigentliche Gesellschaftskritik eher in den Problemen, mit denen Kleinstädte in den frühen 2020ern zu kämpfen haben. Was ist das Beste für die Menschen, die dort leben? In meinem Buch haben sie sehr gegensätzliche Meinungen und jeder glaubt sich im Recht. Und während ich sie geschrieben habe, hatte ich den Eindruck, dass ich jeder dieser Meinungen etwas abgewinnen kann.

Du schreibst sehr filmisch. Als ich deinen Roman zum ersten Mal gelesen habe, konnte ich die Figuren, das Setting und vor allem den Mörder sehr lebhaft vor mir sehen. Wie ist das für dich, wenn du an einem Roman arbeitest: Läuft vor deinem geistigen Auge ein Film in allen Details ab? Oder veranstaltest du gar ein imaginäres Casting für die einzelnen Rollen? Wie stehst du zur „siebten Kunst“?

Tatsächlich orientiere ich mich sehr an Filmen und Serien, gerade wenn es um die Figurenkonzeption geht und ihre Wechselwirkungen. Ich denke, als Autor zeichnet mich tatsächlich aus, dass ich die Tropen aus Horrorfilmen, hauptsächlich amerikanischen und britischen, aufgreife und sie in ein literarisches Gewand stecke und nach Skandinavien verlege. Allerdings wühle ich tief in der Psychologie meiner Figuren herum, was sie komplizierter macht, als man es aus Film und TV kennt. Meine Romane befinden sich in sehr unterschiedlichen Entwicklungsstadien und ich hoffe, dass ich bald freudige Nachrichten überbringen kann.

Die bist ein Autor, der niemals ein Buch zweimal schreiben würde, sondern der immer einen Schritt nach vorne wagt: in ein anderes Genre, zu anderen Themen. Kannst du uns etwas über deine nächsten Projekte berichten?

Nun, was all meinen Büchern gemein ist: Sie alle beschreiben, wie es ist, wenn etwas Unbekanntes und Furchterregendes in unseren Alltag einschlägt. Wenn Horror auf gesellschaftlichen Realismus trifft, wenn man so will. Aber ich weiß, was du meinst. Ich arbeite derzeit an einem Roman, der noch so sehr in den Kinderschuhen steckt, dass ich darüber noch nichts sagen kann. Aber ich kann verraten, dass ich gemeinsam mit dem herausragenden Künstler Henrik Jonsson an einer Graphic Novel arbeite. Reality TV trifft die Spanische Inquisition, ihr könnt euch also auf jede Menge Blut, Bikinis und Bromances freuen.

 

FILME, DIE DIE KONFERENZ INSPIRIERT HABEN

1. Freitag der 13. Teil 2

Die Filme aus der Reihe Freitag der 13. Waren mein Einstieg in den Slasher-Bereich, und in den Horror generell. Und dieser Film hat einfach die besten Figuren, vor allem die letzte Überlebende, Ginny.

2. Scream

Ja, ich weiß, sehr originell, nicht wahr? Aber der erste Teil von Scream ist ein unglaublicher Film mit Humor, der aber nicht auf Kosten der Spannung geht.

3. Halloween H20

Ich weiß, das ist dieser 90er-Jahre Slasher nicht den besten Ruf hat, aber ich glaube, dass er weit besser ist, als viele Menschen glauben. Und er zeigt meine liebste Inkarnation von Laurie Strode. Alkoholisiert, traumatisiert, aber immer noch menschlich, immer noch ein Arschloch.

4. Aquarius – Theater des Todes

Ich liebe diesen Giallo-Film aus dem Jahr 1987, in dem eine Gruppe von Schauspieler*innen in einem Theater gefangen sind. Wunderschön in Szene gesetzt, viel Blut und die Frage danach, was wir für die Kunst opfern würden.

5. The Descent – Abgrund des Grauens

Ich liebe wie sich in diesem Film Horror und zwischenmenschliches Drama ergänzen.

6. Motel

Ein gefährlich unterschätzter Film mit Luke Wilson und Kate Beckinsale, die Snuff-Filme in einem gruseligen Hotel finden und merken, dass sie die nächsten Opfer sein werden. Dieser Film ist so gut darin, Spannung aufzubauen.

Anerkennung gebührt auch folgenden Filmen:

You're Neat, Das Schweigen der Lämmer, Der Umleger, Nightmare on Elm Street 3, The Invitation.