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Der Zweite Blick (Folge 21): Terra Nova - Jurassic Show

Der Zweite Blick (Folge 21): Terra Nova - Jurassic Show

REWATCH

 

Christian Humberg, 31.08.2017

Dinosaurier, die uns Menschlein mit ihren Reißzähnen zu nahe kommen, sind nicht zuletzt seit Steven Spielbergs Kinohit Jurassic Park immens kassenträchtig. Kein Wunder also, dass Spielberg irgendwann versuchte, diesen seinen Erfolg aus dem großen Kino auch ins heimische Pantoffelkino zu übertragen. Mit der in Australien gedrehten Serie Terra Nova sollte dies gelingen, doch trotz US-Einschaltquoten von mehr als sieben Millionen Zuschauern war der ebenso teuren wie problembelasteten Produktion kein langes Leben vergönnt. Nach einer einzigen Staffel waren Spielbergs TV-Echsen auch schon wieder ausgestorben, ganz ohne Eiszeit und Kometeneinschlag.

Schade eigentlich, denn auch wenn Terra Nova nie das Rad (neu) erfand, wusste sie zumindest zu unterhalten.

Die Welt von Terra Nova

Die Erde des Jahres 2149 ist kaum noch bewohnbar. Umweltverschmutzung, Klimawandel und Überbevölkerung lassen die Menschheit zu abstrusesten Mitteln greifen, sich eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Eines dieser Mittel heißt Zeitreise. Clevere Wurmloch-Wissenschaftler schicken einige Kolonisten 85 Millionen Jahre in die Vergangenheit – in eine Ära, in der noch Saurier über den Planeten zogen und hinter jedem Busch Gefahr lauerte –, von wo aus sie die komplette Entwicklung der Erde und der Menschheit von Grund auf umkrempeln sollen. Eine zweite Chance für die gesamte Spezies!

Und das Wunder gelingt, die Kolonisten erreichen ihr Ziel! Doch wie es sich für eine moderne Serie gehört, ist in der Vergangenheit natürlich längst nicht alles so, wie es scheint.

 

Die nackten Fakten

Personell blieb bei dieser Serie wenig zu wünschen übrig. Jason O’Mara als leading man durfte nach dem unfassbar grandios versemmelten US-Remake des britischen Life on Mars noch mal den Beweis zu erbringen versuchen, dass er das Zeug zum Genre-Protagonisten hat. Und die übrigen Darsteller – unter denen vielleicht noch der aus James Camerons Avatar bekannte Stephen Lang besondere Erwähnung verdient – fielen zumindest nicht negativ auf.

Probleme bereiteten dem gewieften Serienkenner im Vorfeld der TV-Premiere aber eher die Verhältnisse hinter der Kamera. Mit seinem für die Spezialeffekte unabdingbaren, immensen Budget und der überdurchschnittlich aufwändigen Produktion durfte Terra Nova gar nicht anders, als vom Fleck weg ein Riesenerfolg zu sein. Selbst eine lauwarme „Schaun mer mal“-Reaktion des US- und internationalen Publikums (letzteres war für eine Ko-Finanzierung der Serie wichtig) hätte ihr recht bald das Genick gebrochen und einen Platz im Nirvana aller überambitionierter Durchschnittsware gesichert.

Raten Sie mal, was dann passierte …

Das Erbe

Denn genau so kam es: Die Kosten schaufelten der Produktion, die zunächst Mühe hatte, sich inhaltlich zu finden, ein frühes Grab, denn schon nach Staffel 1 war wieder Schluss im dinoverseuchten Urzeiturwald. Zwar mühte sich das verantwortliche Studio noch, mit neuen Partnern ein zweites Jahr zu finanzieren, scheiterte aber. Wieder bewies sich, dass allein der Name Spielberg nicht genügt, um im Fernsehen langfristig Erfolg zu haben. Seit dem DVD-Release ist es um Terra Nova auch in Fankreisen ruhig geworden. Man kann es verstehen.

 

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Manche Serien ziehen so schnell an uns vorbei, dass wir sie kaum registrieren. Andere liegen zu lange zurück – und waren zu wenig massentauglich –, als dass sie sich noch heute häufiger Wiederholungen oder gar eines DVD-Releases erfreuen könnten. Doch was, wenn sie dennoch sehenswert sind? Diesen Produktionen gewähren wir ab sofort … den zweiten Blick.

Christian Humberg

Christian Humberg arbeitet seit Ende der Neunziger als freier Autor von Romanen, Sachbüchern und Theaterstücken für Kinder und Erwachsene sowie als Literaturübersetzer und Lektor. Zu seinen zahlreichen Veröffentlichungen gehören Werke der Phantastik ebenso wie interaktive Spielbücher und Jugendromanserien wie „Drachengasse 13“ (Schneiderbuch) und „Die unheimlichen Fälle des Lucius Adler“ (Thienemann). Viele seiner Bücher liegen in mehreren Sprachen vor und wurden erfolgreich vertont. Anlässlich der Frankfurter Buchmesse wurde er im Oktober 2015 mit dem Deutschen Phantastikpreis ausgezeichnet. Der studierte Buchwissenschaftler und gelernte Journalist liest gern auf Messen, Conventions und an Schulen und unterrichtet den Autorennachwuchs in diversen Workshops. Er lebt vor einem PC-Monitor, der ihm die Sicht auf den Mainzer Dom versperrt.

Mehr unter www.christian-humberg.de.