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Black Spot: Die französische Mystery-Serie

Black Spot: Die französische Mystery-Serie
Markus Mäurer
27.02.2018

In düsteren Bildern mit viel Blaufilter und unheimlichen Geräuschen inszeniert Black Spot (Zone Blanche) die Abgründe der französischen Provinz. Villefranche ist ein kleines, abgeschiedenes Dorf, umgeben von einem großen, dunklen Wald, in dem das Grauen lauert.

"Dieses Dorf ist hart, zu hart für mich", sagt der beinharte Gangster - der sonst Geldtransporte überfällt und Gefängniswärter umbringt - kurz bevor er stirbt. "Die Hölle sind die anderen", schrieb Sartre in Geschlossene Gesellschaft, und in dieser geschlossenen Gesellschaft, in der man auch nach zehn Jahren noch als der Neue gilt, der Zugezogene, ist jeder dem anderen ein Teufel. Und so liegt die Zahl der Todesfälle, ja der Morde, deutlich über dem Landesdurchschnitt, was den stellvertretenden Bezirksstaatsanwalt Franck Siriani (Laurent Capelluto) auf den Plan ruft und auf ungemütliche Weise nach Villefranche führt.

Das ist ein Ort, den man als Fremder am liebsten sofort wieder verlassen möchte, wenn nachts der Nebel aus dem Wald aufzieht, die Raben unheilvoll krächzen und die Einheimischen einem unfreundliche Blicke zuwerfen. Hier aufzuwachsen macht einen hart und verbittert. Über allem thront der Wald, der mit seiner keltischen Mystik gibt und nimmt.

Es dreht sich alles um die kleine Polizeistation von Major Laurène Weiss (Suliane Brahim), der der Wald auch schon einiges genommen hat. Da ist der alte Hase unter den Polizisten, mit rauer Schale und weichem Kern, der schwule Partner von Major Weiss, der als Stimme der Vernunft agiert, und meist scheitert. Und da ist die junge Nachwuchsbeamtin, die von zwei undurchsichtigen Raben verfolgt wird.

Eine ziemlich große Truppe für so einen kleinen Ort, aber wie sich zeigen wird, eigentlich noch viel zu klein für dieses Provinzmoloch, in dem der Tod hinter jeder Ecke zu lauern scheint, wo sich Intrigen und Geheimnisse zu einem dichten Dunst konzentrieren, der den Bürgern fast den Atem raubt. Ein undurchsichtiger Bürgermeister und Lokalpatron, der mit dem Sägewerk das wirtschaftliche Rückgrat des Ortes schließt; sein noch zwielichtigerer Vater, der unerbittliche Patriarch, der die Fäden im Hintergrund zieht. Hier kennt jeder jeden, der Filz ist dicht, alle haben eine Geschichte, die sie mit den anderen verbindet, Kriminelle wie Ordnungshüter: Dorfleben.

Eine Mischung aus "Fall der Woche" und episodenübergreifenden Handlungssträngen

Die Serie erzählt pro Folge eine abgeschlossene Geschichte, meist ein ziemlich gut konstruierter Kriminalfall, hat darüber hinaus aber auch einige wirklich unheimliche Handlungsbögen im Hintergrund folgenübergreifend laufen, deren Ursprung teils 30 Jahre zurückreicht. Eine zentrale Rolle spielt dabei das Verschwinden der Schülerin Marion Steiner, der Tochter des Bürgermeisters.

Black Spot 2
France 2

Anders als bei der deutschen Serie Dark, die mehr auf ein ausgefeiltes Konzept setzt, gibt es hier Figuren mit Profil, mit Ecken und Kanten, teils skurril, teils liebenswürdig, oft ambivalent und durchaus auch abgründig. Jeder scheint ein Geheimnis zu verbergen.

Frankophone Finsternis

Hart und Düster kann man in Frankreich und Belgien. Das hat schon die New Wave des Horrors mit Filmen wie Haute Tension, Frontiers oder Calvaire bewiesen, in denen die Provinz ähnlich abgründig, unheimlich und hinterwäldlerisch inszeniert wurde, wie es sonst nur amerikanischen Produktionen wie Beim Sterben ist jeder der Erste oder Wrong Turn gelingt.

Black Spot balanciert virtuos über mehrere Genres: Da gibt es die Western-Folge, in der Banditen in die Stadt einfallen und von den wehrhaften Bewohnern überrascht werden. Mal folgen wir einem klassischen Kriminalfall, wie man ihn auch im Eifelkrimi finden könnte, oder knallhartem Horror mit übernatürlichen Elementen. Dabei verbleibt die erste Staffel noch im Ungewissen, in diesem Limbus, der noch nicht verrät, ob und wie übernatürlich die unheimlichen Phänomene wirklich sind, während man das Drehen der Schraube hört. Geschickt lockt man den Zuschauer, legt falsche Fährten, spielt mit seiner Wahrnehmung und den Erwartungen.

Eine andere Version von Dunkelheit

Mit Dark hat Netflix gezeigt, dass man auch in Deutschland die Genres Horror, Mystery und Science Fiction hochwertig (wenn auch mit einigen Mängeln) inszenieren kann, aber so wie Black Spot konnte mich die Serie nicht in ihrem Bann ziehen. Die französisch-belgische Produktion entwickelt von der ersten Folge, ja schon von den ersten Szenen an, einen unheimlichen Sog, der aufgrund des erstklassigen Niveaus durchgehend bis zur achten und letzten Episode der Staffel anhält.

Die Darsteller sind hervorragend besetzt, die Kamera-Arbeit hochwertig und stets passend düster, die Klangkulisse unheimlich und bedrohlich, aber nie so aufdringlich wie bei Dark.

Bei der Serie von Mathieu Missoffe handelt es sich um eine französisch-belgische Koproduktion im Auftrag des französischen Senders France 2. Allen nicht-französischsprachigen Ländern ist Zone Blanche unter dem Titel Black Spot bei Amazon Prime verfügbar, bei uns mit deutschen Untertiteln, aber auch in deutscher Synchronisation. Eine zweite Staffel befindet sich in Arbeit.

Amazon hat der Serie zwar eine anständige Synchro verpasst, versteckt sie aber gut, was man schon daran sieht, dass es keinen deutschsprachigen Trailer gibt. Aufmerksam auf die Serie geworden bin ich übrigens durch die Empfehlung von Jeff VanderMeer auf Twitter.

Nachtrag: Inzwischen sind zwei Staffeln der Serie bei Netflix verfügbar.