Simoné Goldschmidt-Lechner, 17.07.2025
Der Animationsfilm K-Pop Demon Hunters, der im Juni 2025 auf Netflix erschien, hat zuletzt in den sozialen Medien große Wellen geschlagen und ist zu einem riesigen Internetphänomen avanciert. Simoné Goldschmidt-Lechner hat sich den Film genauer angesehen, und erklärt uns, was es mit dem Genre des Magical Girl auf sich hat.
Im Film geht es um die Huntr/x, K-Pop-Idols und Dämonenjägerinnen, die mittels ihnen über Generationen vererbter Magie als Auserwählte gegen das Böse (in diesem Fall Dämonen) kämpfen. Gleichzeitig sind sie auserkoren, durch ihren Gesang den Honmoon, eine Barriere, welche die Dämonen von der Menschenwelt getrennt hält, aufrechtzuerhalten. Im Film sind ihre Gegner die Saja Boys, eine Boyband, die aus Dämonen besteht. Rumi ist Anführerin der Huntr/x und selbst Halbdämonin, die ihre Markierungen zu Beginn der Serie vor den anderen Mitgliedern der Gruppe und ihren Fans versteckt. Der Film von Maggie Kang ist eine amerikanische Produktion, bezieht sich aber auf koreanische (Pop-)Ästhetik, koreanische Geschichte und Mythologie. Die magisch begabten Huntr/x scheinen einer Tradition magisch begabter Frauen und Mädchen aus dem ostasiatischen Raum zu folgen, die gegen das Böse für die Rettung der Welt kämpfen. Kurzum, die Huntr/x können als Vertreterinnen des Magical Girl-Genres gelesen werden.
Doch wie Magical sind die Huntr/x Girls wirklich?
Das sogenannte Magical-Girl-Genre, oder mahō shōjo, hat seinen Ursprung in Japan, und ist so vielfältig wie traditionsreich. Ob, wie in Cutie Honey (Original 1973, Remake 2004), die Verwandlung der Protagonistinnen stattfindet, um persönliche Rache zu üben (in Cutie Honey will sich die Protagonistin für den Tod ihres Vaters rächen, die Serie wird auch gemeinhin eher dem Shōnen- als dem Shōjo-Genre zugerechnet), oder es bei Sailor Moon (basierend auf den Manga von Naoko Takeuchi) oder Card Captor Sakura (basierend auf den Manga des weiblichen Mangaka-Kollektivs CLAMP) darum geht, die Welt zu retten[1]: Magical Girls sind stark und überwinden jedes Hindernis, um Gerechtigkeit zu erlangen – und das nicht trotz, sondern gerade aufgrund ihrer Weiblichkeit (und, wie ich an anderer Stelle bereits ausführlich dargelegt habe, auch aufgrund der Queerness, die Sailor Moon, Card Captor Sakura und so viele andere Magical-Girl-Serien zu eigen ist). So ist Sailor Moon die Kriegerin für Liebe und Gerechtigkeit, die ihre besonders starke Emotionalität und Empathie nutzt, um das Böse, das oft gar nicht so böse ist, zu bekämpfen.
Interessant ist dabei der hohe Stellenwert von Emotionen: Emotionen werden, insbesondere während der Neunziger, der Hochzeit von Serien wie Sailor Moon, zum Kern der inneren Stärke der Magical Girls. Natürlich sind zum Beispiel die Sailor-Krieger*innen[2] mächtig, weil sie magische Kräfte besitzen, aber diese bedingen sich aus den Eigenschaften, die sie auszeichnen: ihrer Leidenschaft (Sailor Mars), ihrer Fürsorge (Sailor Jupiter), ihrer Intelligenz (Sailor Merkur), ihre Empathie/Liebe (Sailor Venus).
Die magisch oder spirituell auserwählte Kriegerin als Kämpferin für Liebe ist im “Westen” oder “globalen Norden” kein neues Bild. Oft erscheinen sie hier jedoch als magisch-spirituell gelesene Heilsbringerinnen-Figur, wie etwa Jeane D’Arc, die jedoch schnell auch als Verführerin und Hexe gelesen werden kann, wie etwa Morgan La Fay. Diese Verbindung zieht auch Jeanne, die Kamikaze-Diebin (Kamikaze Kaitō Jeanne, 1999-2000), deren Protagonistin in ihren Verwandlungen die Kraft Jeanne D’Arcs anruft. Bei der Verwandlung ruft sie:
“Gib mir die Kraft, Jeanne D’Arc!“ Oder: „Finn, gib mir die Kraft, und lass Jeanne D’Arc mich erhören!“ Und dann: „Stark, bereit, unbesiegbar, schön, entschlossen, mutig!”
[1] In diesem Artikel kann ich nur auf die animierten Umsetzungen für Fernsehen und Kino eingehen.
[2] An sich sind Sailor-Kriegerinnen immer weiblich, aber es gibt in Bezug auf Gender einige spannende Ansätze: Sailor Uranus kann als nicht-binär gelesen werden, die Sailor Star Lights verwandeln sich von Männern in Frauen, um in den Kampf zu ziehen. Deswegen ist es sinnvoll, an dieser Stelle zu gendern.