Fantasy

Geister, Ghule und Dämonen - Fünf finstere Fantasy-Animes

Fünf finstere Fantasy-Animes
© A-1 Pictures

Judith Madera, 29.10.2020

Bluttrinker, Menschenfresser und Dämonen faszinieren auch in Animes ungemein. Die Grenze zwischen den Welten fällt im urbanen Raum, wo finstere Kreaturen eng mit Menschen zusammenleben und um ihr Recht auf Leben kämpfen. Fünf düstere Animetipps mit Tiefgang – für starke Nerven!

Tokyo Ghoul

Tokyo Ghoul gehört zu den erfolgreichsten und finstersten Mangareihen der letzten Jahre und hat eine spektakuläre, blutige Animeadaption erhalten. Der schwerverletzte Student Ken Kaneki erhält die Organe einer Ghula und bemerkt noch im Krankenhaus, dass etwas nicht stimmt. Er wird viel zu schnell gesund und hat keinerlei Appetit. Egal ob Brot, Fleisch oder Obst, alles schmeckt verdorben. Einzig Menschen verströmen einen köstlichen Duft, der ihn vor Hunger schier verrückt werden lässt.

Ken verzweifelt daran, ein Monster zu sein. Bei den Ghulen des Café Antik findet er Unterschlupf und lernt, dass sein Überleben nicht zwingend Mord beinhaltet. Zwar behagt ihm das Essen von Leichen ebenfalls nicht, doch nach und nach akzeptiert er seine Identität als Halbghul. Seine Hoffnung auf ein normales Leben wird zerstört, als seine neuen Freunde ins Visier der CCG (Commission of Counter Ghoul) geraten. Die Ghulermittler jagen und töten ausnahmslos alle Ghule, auch solche, die sich friedlich verhalten und einfach nur ihr Leben leben wollen.

Tokyo Ghoul bietet neben rasanten, sehr blutigen Kampfszenen viele nachdenkliche Momente, in denen Ken sein Wissen über Ghule revidieren muss. Während manche wahllos töten und gar blutige Feste veranstalten, versuchen andere, ein ganz normales Leben zu führen und niemandem zu schaden. Sie leiden darunter, von den Menschen ausgestoßen und gefürchtet zu sein und sind Ken bald näher als die Menschen. In Tokyo Ghoul gibt es kein Schwarz und Weiß, sondern unzählige Graustufen. Es gibt Menschen und Ghule mit Moral und Anstand, die zu Gewalt gezwungen werden, aber auf beiden Seiten auch tiefschwarze Seelen, die Freude am Morden und Foltern haben oder auch schlicht vor Rachsucht blind geworden sind.

Devil’s Line

Bissige Vampire, Action, Nervenkitzel und ein wenig Romantik machen Devil’s Line zu einem düsteren Leckerbissen. Hier sehen Vampire wie gewöhnliche Menschen aus, verwandeln sich durch ihren Blutdurst jedoch in brutale Bestien. Aber nicht alle werden zu Mördern. Einige versuchen, ein möglichst normales Leben zu führen und spritzen sich Medikamente, um ihren Durst zu kontrollieren. Ermittler Yūki Anzai ist ein Vampir, der seinesgleichen jagt und dazu seine übernatürlichen Kräfte einsetzt. Als er Studentin Tsukasa bei einem Einsatz rettet, verliebt er sich und besucht sie regelmäßig – und stößt an die Grenzen seiner Kontrolle. Während sich sein ganz persönliches Drama entfaltet, eröffnet die Terrorgruppe Chosen Civil Community (CCC) den Kampf gegen die Devils genannten Vampire.

Devil’s Line punktet mit einer guten Balance zwischen actionlastigen und nachdenklichen Szenen. Protagonist Yūki verzweifelt an seiner vampirischen Natur, und gerade weil er sich gegen sie wehrt, wird er zur Gefahr für Tsukasa. Trotz blutiger Zwischenfälle suchen die beiden nach einem Weg, zusammen zu sein, und ihre Liebesgeschichte ist erfrischend bodenständig. Mit der CCC kommt reichlich Action ins Spiel, wobei sich bald die Frage stellt, wer hier eigentlich „gut“ und „böse“ ist.

B – The Beginning

B – The Beginning spielt in einer Near-Future-Fantasywelt. Mysteriöse Morde erschüttern das Königreich Cremona und veranlassen den legendären Ermittler Keith Flick in den aktiven Dienst zurückzukehren. An den Tatorten wird jeweils eine seltsame Signatur, ähnlich einem „B“, gefunden, weshalb der geheimnisvolle Serienkiller ebenfalls „B“ genannt wird. Zusammen mit der jungen Polizistin Lily soll Keith die Mordserie aufklären, wobei er bald einen Zusammenhang mit dem Mord an seiner Schwester zu erkennen glaubt. Die Situation verschärft sich, als die Terrorgruppe Market Maker Anschläge auf den Royal Investigation Service verübt. Killer „B“ und Market Maker entpuppen sich schließlich als gentechnisch veränderte Menschen mit übernatürlichen Fähigkeiten – und tatsächlich steckt Keith viel tiefer in dieser Geschichte, als er selbst gedacht hat.

Was als nervenaufreibender Thriller beginnt, wandelt sich zu einem düsteren Fantasy-Anime mit SF-Elementen. Keith ist ein kauziger Charakter, auf seine Weise genial, aber schwer umgänglich. Man kann nie sicher sein, ob er tatsächlich gerade eine Verschwörung aufdeckt oder schlicht den Verstand verliert.  Die anspruchsvolle Erzählstruktur kann schnell als wirr wahrgenommen werden, doch wer durchhält und die erste Staffel bis zum Ende schaut, wird erkennen, dass alles auf verrückte Weise Sinn ergibt. Ein grandioser Auftakt, der hoffentlich bald fortgeführt wird.

Beyond the Boundary - kyokai no kanata

Horror gepaart mit Comedy und einer supersüßen Protagonistin – funktioniert das? Und ob! Mirai aus Beyond the boundary – kyokai no kanata ist die letzte Geisterkriegerin ihres Clans, der für seine Fähigkeit, aus Blut Waffen zu formen, geächtet wurde. Das Mädchen mit der niedlichen Brille ist unsicher, aber dennoch fest entschlossen, Yomu (Dämonen) zu jagen. Entsprechend stürzt sie sich mit ihrem Blutschwert auf den Halbyomu Akihito und ist völlig fasziniert davon, dass das Schwert ihn durchbohrt, aber nicht tötet. Stattdessen bittet er sie höflichst darum, die Waffe zu entfernen. Mirai beschließt, an Akihito das Töten zu üben, was dieser natürlich mehr als lästig findet. Aber da Mirai eine süße Brille trägt und Akihito einen Brillenfetisch hat, will er ihr unbedingt helfen und sie mit anderen Geisterkriegern zusammenbringen.

Beyond the boundary – kyokai no kanata ist mit seinen besonderen Farbstimmungen und spektakulären Kampfszenen ein visuelles Highlight, hat aber neben viel Humor auch eine sehr ernsthafte, düstere und tragische Geschichte zu bieten. Die japanische Geisterwelt fasziniert ungemein und wirkt in diesem Anime mystisch und surreal. Im Verlauf der Handlung wird man immer wieder überrascht und das Finale ist so emotional und nervenaufreibend, dass man gleichermaßen verstört wie begeistert zurückbleibt.

Blue Exorcist

Finstere Monster und Humor harmonieren auch bei Blue Exorcist wunderbar. Die Brüder Rin und Yukio Okumura sind beide Söhne Satans, jedoch hat nur Rin die teuflischen Kräfte seines Vaters geerbt. Als diese in ihm erwachen und Rin zum irdischen Gefäß Satans werden soll, opfert sich sein Ziehvater für ihn. Voller Trauer schwört der junge Halbdämon, Exorzist zu werfen und die Unterwelt zu bekämpfen. Mit seinem aufbrausenden Temperament ist dies jedoch alles andere als leicht. Zudem scheint jeder in seinem Umfeld gewusst zu haben, dass er der Sohn des Teufels ist – sogar sein Bruder Yukio, der längst Exorzist ist und obendrein sein Lehrer wird. Streit vorprogrammiert. Seine wahre Identität muss Rin verbergen, denn der Vatikan würde ihn sofort töten. Aber wenn seine neugewonnenen Freunde in Gefahr sind, kann er sich nicht beherrschen und entfesselt die blauen Flammen der Hölle.

Blue Exorcist erzählt die Geschichte des Teufelssohns, der Exorzist werden will, mit viel Humor, aber auch Tragik. Seine dämonische Hälfte treibt Rin zur Verzweiflung: Ständige Wutausbrüche und das Chaos, das er mit seiner impulsiven Art verbreitet, lassen ihn überall anecken. An der Heiligkreuzakademie gelingt es ihm, nach und nach Freundschaften zu knüpfen, doch die sind in Gefahr, als herauskommt, wer er wirklich ist. Mit jeder Niederlage kommt er der Hölle, die er bekämpft, einen Schritt näher. Und bald stellt sich die Frage, ob die Hölle wirklich ein Ort reiner Bosheit ist und ob im Vatikan nicht viel mehr Dunkelheit herrscht?

Judith Madera

Judith Madera ist Literatopia-Chefredakteurin und Herausgeberin des Online-Fanzines PHANTAST. Seit 2019 schreibt sie gelegentlich für TOR online über Science Fiction, Anime und Manga. Mehr unter www.literatopia.de