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7 Weltraum-Games, die du unbedingt gespielt haben solltest – und die passenden Buchtipps dazu

Weltraum-Games
© Mass Effect 2 - Quelle: Electronic Arts

Achim Fehrenbach, 28.09.2018

Ob Weltraum-Pirat, Raketen-Ingenieurin oder Alien-Forscher: In Computerspielen schreibst du deine Geschichten selbst. Wir stellen dir die 7 besten Weltraum-Games vor – und geben dazu auch noch passende Buchtipps.

Der Weltraum ist ein Vorstellungsraum. Tagtäglich wird er neu erkundet, vermessen und geschätzt. Und doch bleibt immer noch unendlich viel Platz für neue Ideen, Fantasien, Geschichten. Die Suche nach neuen Welten und Lebensformen, der Einsatz von Technik und die Dramen im All: Sie sagen immer auch etwas über unser Selbstbild, unser Zusammenleben auf der Erde aus – ein Merkmal guter Science Fiction.

Einige Romane haben im Lauf der Jahre enorme Strahlkraft entwickelt und sind heute – um im Bild zu bleiben – kulturelle Fixsterne: Ob nun „Solaris“ von Stanislaw Lem, „Freie Geister“ von Ursula K. Le Guin oder „Dune“ von Frank Herbert. Auch jüngere AutorInnen wie Annalee Newitz und Becky Chambers beweisen, dass der Weltraum eine schier unerschöpfliche Fundgrube spannender Geschichten ist. Hugo-Preisträger Scalzi verarbeitet in seinen Romanen eine Vielzahl von Einflüssen, ob das nun Herbert, Heinlein, „Star Trek“ oder die Filme sind, die er in seinem „Rough Guide to Sci-Fi Movies“ nennt. Auch gegenüber Computerspielen kennt Scalzi keinerlei Berührungsängste, im Gegenteil: Er hat an Games wie „Midnight Star: Renegade“ und „Exiles of Embermark“ mitgewirkt, in seinem demnächst erscheinenden Roman Frontal beschreibt er den futuristischen E-Sport Hilketa. Umgekehrt dürften Scalzis Bücher auch viele Games-Entwickler beeinflussen. Oder schlüpfen wir nicht etwa ständig in neue Körper, wenn wir digitale Schlachten im All und anderswo schlagen?

Computerspiele sind untrennbar mit anderen Werken der Popkultur verwoben. Auch ihnen dient der Weltraum als Vorstellungsraum, aus dem sie immer wieder neue Szenarien fischen. Das Besondere ist, dass wir beim Spielen unsere ganz eigene Geschichte schreiben – ob das nun die Geschichte eines Weltraumpiraten, einer Raketen-Ingenieurin oder eines Alien-Forschers ist. Die Art und Weise, wie diese Geschichte konstruiert wird, hängt stark vom jeweiligen Gameplay ab, den grundlegenden Spielmechaniken. Und da bieten Computerspiele eine ganz besondere Vielfalt an Genres, Sub-Genres und Genre-Mixturen. Wer Weltraum-Abenteuer erleben will, kann das in einem Space-Flight-Simulator genauso tun wie in einem Shooter, einem Jump'n'Run oder einem Rollenspiel. Hier stellen wir euch die Games vor, die jeder All-Aficionado unbedingt mal ausprobiert haben sollte. Viel Spaß!

Eve Online (2003)

2018 feierte „Eve Online“ sein 15-jähriges Jubiläum, gemeinsam mit „World of Warcraft“ zählt es zu den ältesten noch laufenden MMOs. Die „Eve“-Spieler tummeln sich in 7800 zusammenhängenden Sternensystemen, sie kämpfen um Rohstoffe, bauen Raumschiffe, treiben Handel, schmieden Allianzen und erkunden das All. Die bisweilen etwas trockene Präsentation hat „Eve Online“ den Namen „spreadsheets in space“ eingebracht, auch gilt das hochkomplexe Spiel als wenig einsteigerfreundlich. Wer sich jedoch in das wirtschaftslastige MMO reinkniet, wird mit epischen Geschichten belohnt – etwa dann, wenn tausende „Capsuleers“ in gigantischen Schlachten aufeinandertreffen. Mit seiner spielerischen Freiheit hat „Eve“ jede Menge Fan-Fiction inspiriert – und auch schon den einen oder anderen Roman hervorgebracht.

Fans von Weltraumflug-Simulatoren sollten auch die Spiele „Elite Dangerous“, „Everspace“ und „No Man's Sky“ in Erwägung ziehen.

Mass Effect (2007 bis heute)

Mit „Mass Effect" hat sich das kanadische Studio Bioware selbst ein Denkmal gesetzt. Erzählerisch reicht kaum ein anderes Game an die Rollenspiel-Trilogie heran. (Über den Nachfolger „Andromeda“ breiten wir jetzt mal den Mantel des Schweigens.) Sich verzweigende Handlungsstränge, Entscheidungen mit langfristigen Folgen und sorgfältig ausgearbeitete Figuren machen aus „Mass Effect“ eine Space Opera der Extraklasse. Die Einflüsse reichen von „Star Trek“ über „Firefly“ und „Blade Runner“ bis hin zu H.P. Lovecraft. Rund um das Franchise wurden etliche Bücher veröffentlicht, gute Kritiken erhielt zum Beispiel dieses hier

Mass-Effect-Fans empfehlen wir auch „Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten” von Becky Chambers.

Kerbal Space Program (2011)

Der Weltraum mag unendlich viele Abenteuer bieten – doch das erste große Abenteuer ist, überhaupt dorthin zu gelangen. In „Kerbal Space Program“ übernehmt ihr Planung, Bau und Steuerung einer Rakete, um kleine grüne Männchen – die Kerbals – ins All zu katapultieren. Dabei entstehen heroische Geschichten von Trial and Error – kein Wunder also, dass sogar die NASA und SpaceX-Gründer Elon Musk das Spiel loben. 

Als Einstieg hier drei Buchempfehlungen: den „Kerbal Space Program: Ultimate Player's Guide“, Jules Vernes „Von der Erde zum Mond“ und „Amalthea“ von Neal Stephenson.

Wer Raumfahrtprojekte und Weltraumforschung mag, wird auch an den Virtual-Reality-Experiences „Apollo 11 VR“, „Universe Sandbox ²“, „Mission: ISS“ und „Titans of Space 2.0“ Gefallen finden.

Alien: Isolation (2014)

Der Xenomorph zählt definitiv zu den weniger erfreulichen Bekanntschaften, die man im All schließen kann – zumal diese Bekanntschaft nur von kurzer Dauer sein dürfte. Das Survival-Horror-Game „Alien: Isolation" erzählt die Geschichte des ersten Films weiter: Amanda Ripley, die Tochter Ellen Ripleys, spielt auf der Raumstation Sevastopol mit dem Alien Verstecken. Die unberechenbare KI des Monsters und die herrlich düstere Atmosphäre des Spiels werden euch mehr als einmal das Blut in den Adern gefrieren lassen. Als Begleitlektüre empfehlen sich unter anderem „Der ultimative Guide zu den klassischen Filmen“ und der Tie-In-Roman zum ersten Film.

Wer noch Adrenalin übrig hat, kann sich an folgenden Spielen versuchen: „System Shock“, „Doom“, „Dead Space“, „Duskers“, „Heat Signature“, „The Persistence“, „Downward Spiral: Horus Station“, „Prey: Mooncrash“ oder „Far Cry 5: Lost on Mars“.

Surviving Mars (2018)

„Mars macht mobil – bei Arbeit, Sport und Spiel!“ Was uns die Schokoriegel-Werbung in den Achtziger Jahren predigte, gilt im Wesentlich auch für dieses Aufbaustrategiespiel. Um den Mars erfolgreich zu kolonisieren, dürft ihr die Hände keinen Moment in den Schoß legen, sondern müsst unermüdlich Kolonisten versorgen, Ressourcen abbauen und Gebäude errichten. Haben die Siedler nämlich keinen Bock mehr, fliegen sie mit der nächsten Rakete wieder heim. Man kann ja nicht verlangen, dass alle so motiviert sind wie „Der Marsianer“ oder die Siedler in „Red Mars“. Ein etwas sperriges, aber doch sehr spannendes Spiel.

Fans wuseliger Erkundungs- und Aufbauspiele kommen auch bei „Astroneer“, „RimWorld“, „Space Engineers“ und „Waking Mars“ auf ihre Kosten. Weltraum-Strategen mit Rollenspiel-Affinität können sich an „Stellaris“ ergötzen, Einzelkämpfer an „The Solus Project“.

Lone Echo (2017)

Einmal durch die Schwerelosigkeit schweben – das träumt so ziemlich jeder. Das Virtual-Reality-Game „Lone Echo“ erfüllt diesen Traum zumindest ansatzweise. Wir schreiben das Jahr 2126: Eine mysteriöse Weltraum-Anomalie beschädigt die Khronos-II-Station, die den Saturn umkreist; als Android Jack arbeitet ihr mit der Astronautin Olivia Rhodes zusammen, umd die Station zu reparieren und das Geheimnis der Anomalie zu lüften. Das Spielestudio Ready at Dawn simuliert die Schwerelosigkeit in VR grandios: Ihr stoßt euch von Wänden und Gegenständen ab, gleitet durch Gänge und Labore und justiert dabei sanft mit Lenkdüsen nach. Spannend ist „Lone Echo“ auch wegen der emotionalen Beziehung, die ihr als Android zu Olivia aufbaut. 

Dazu passend empfehlen wir die Romane „Autonom“ von Annalee Newitz und „Zwischen zwei Sternen“ von Becky Chambers.

Hier weitere Spieletipps für VR-Fans: „Detached“, „Star Trek: Bridge Crew“, „From Other Suns“, „Space Rift“, „Eve Valkyrie“, „Gunjack 2: End of Shift“.

FTL: Faster Than Light (2012)

Dieses Spiel ist geradezu gnadenlos hart! Ihr steuert ein Raumschiff, das von Rebellen gejagt wird. Was die wollen? Ein Datenpaket, das ihr der Föderation überbringen sollt. „FTL: Faster Than Light“ ist selbst für gewiefte Strategen eine Herausforderung: Ihr müsst nicht nur Waffensysteme, Schilde und Antrieb des Raumschiffs optimieren, sondern auch das All erkunden und Handel treiben, um die knappen Ressourcen aufzubessern. Das alles auf der Flucht, wohlgemerkt! Wie es sich für ein waschechtes Roguelike gehört, folgt auf die erste Niederlage gleich der Permadeath, und alles geht von vorne los. Einen vergleichbaren Alptraum hat uns eigentlich nur die Flucht vor den Zylonen in „Battlestar Galactica“ (2004) beschert. Grauenhaft – und doch so spannend!

Überlebenskampf mit Raumschiff-Management findet ihr auch in den Spielen „Starbound“ und „Lovers in a Dangerous Spacetime“. Und vergessen wir auch nicht die Klassiker! Etliche Weltraum-Spiele der Achtziger und Neunziger sind mittlerweile auf GOG.com und Steam verfügbar, darunter „The Dig“, „Freespace 2“, „Wing Commander“, „Star Wars: Empire at War“ und „Star Wars: Tie Fighter“.

Zum Abschluss noch zwei aktuelle Spieletipps: Das schwarzhumorige „60 Parsecs!“ schießt Weltraumkadetten ins All, wo sie überleben müssen – vorher allerdings haben sie 60 Sekunden Zeit, um so viele Vorräte und Gegenständen wie möglich einzupacken. In „Deep Sky Derelicts“ erkundet ihr rostige Raumschiffe und prügelt euch mit Robotern – ein taktischer Hochgenuss.

Achim Fehrenbach

Achim Fehrenbach, geboren 1974, lebt als freier Journalist und Übersetzer in Berlin. Seine Themenschwerpunkte sind Games und das Internet; er schreibt unter anderem für Zeit Online, Spiegel Online, den Tagesspiegel und Wired.de.

Für Fischer TOR hat er 2016 das Buch "Geek Wisdom" übersetzt, das auf TOR Online kapitelweise erscheint.