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Fantasy-Romane schreiben (Teil 14): Fünf Tipps für eine bessere Sprache

Fantasy-Romane schreiben (Teil 14): Fünf Tipps für eine bessere Sprache
© Dieterich01 - pixabay

Sylvia Englert, 29.11.2017

Wenn dein Roman eine tolle Story und faszinierende Figuren hat, aber sprachlich noch einige Schwächen aufweist, werden Agenten und Lektoren zögern. Hinter ihrer Stirn bilden sich Gedanken, die man wie folgt übersetzen könnte: „Hm, eigentlich ein schönes Projekt ... aber das wird noch ein gutes Stück Arbeit ... vielleicht lieber nicht.“ Lass es nicht so weit kommen und feile an deiner Sprache – dein Lektor/deine Lektorin wird es dir danken, und die Leser werden es lobend in ihren Rezensionen erwähnen! Hier sind fünf wichtige Tipps, mit denen du deinen Stil verbessern kannst.

Tipp 1: Füllwörter raus

Füllwörter schleichen sich wie von selbst in den Text ein. Als Füllwort gilt ein Wort, sofern es keine Funktion hat und im Satz überflüssig ist. Wenn du es streichst, wird niemand es vermissen. Im Gegenteil, ohne diese Wörter wird der Satz schlanker und kraftvoller.

Füllwörter sind zum Beispiel: auch, ziemlich, in gewisser Weise, ja, recht, relativ, doch, irgendwie, nun, allerdings, ganz, überhaupt, durchaus, eigentlich, natürlich. Also ran an die Füllwörter – aufspüren und unschädlich machen!

Tipp 2: Abgenutzte Bilder und Vergleiche ersetzen

Es gibt viele Bilder, Redewendungen und Vergleiche, die irgendwann mal gut waren. Aber inzwischen sind sie abgenutzt und so alt, dass man den an ihnen wachsenden Schimmel fast sehen kann. Zu den schlimmsten gehören: Sie blieb wie angewurzelt stehen und Ihm gefror das Blut in den Adern. Aber es gibt noch tausend andere, die genauso übel sind. Leider fallen einem diese gängigen Vergleiche als Erstes ein, und deshalb landen sie oft im Text. Aber bei der Überarbeitung solltest du sie herausnehmen und in den See des Vergessens befördern, wie Walter Moers sagen würde. Hier noch ein paar Beispiele für abgenutzte Ausdrücke und Redewendungen – schau doch mal mit der Suchfunktion, ob sie sich in deinen Text eingeschmuggelt haben:

  • mit Ach und Krach
  • etwas aus dem Ärmel schütteln
  • mit Argusaugen bewachen (wer weiß heute noch, wer oder was Argus war?!)
  • kein Blatt vor den Mund nehmen
  • Blut und Wasser schwitzen
  • unter Dach und Fach bringen
  • wie vom Erdboden verschluckt
  • jemand reißt der Geduldsfaden
  • Knall auf Fall etwas tun
  • wie die Katze um den heißen Brei schleichen
  • Lunte riechen
  • die Nadel im Heuhaufen suchen
  • jemandem fällt ein Stein vom Herzen
  • jemand fällt etwas wie Schuppen von den Augen
  • reden wie ein Wasserfall
  • einen Zahn zulegen

 

Richtig schön und erfrischend liest es sich, wenn ein Text neue Sprachbilder, originelle Vergleiche und gelungene Metaphern enthält.

Zur Erinnerung: Eine Metapher ist, wenn man bei einer blonden Frau von “ihrer Löwenmähne” spricht. Vergleiche erkennt man dagegen am Wörtchen wie (“Der Ton des Instruments klang wie zerspringendes Glas”). Ein Beispiel aus Nijura von Jenny-Mai Nuyen:

Wie ein Tal voll Glühwürmchen (Vergleich!) eröffnete sich ein Wirrwarr von Lichtern vor ihnen – sie strahlten ihnen entgegen und versilberten den Regen über sich, sodass ein glänzender Schweif (Metapher!) über der ganzen Stadt hing.

 

Noch ein paar gelungene Fundstücke:

„Donner und Blitze kamen jetzt in schneller Abfolge und ließen die Welt flackern wie eine erlöschende Kerze.“ (Susanne Gerdom, Queen of Clouds)

„Der Jäger betrachtete das Schnellboot beifällig. (...) Mit seinem polierten Lackanstrich glitt es so leicht durchs Wasser wie Schlittschuhkuven übers Eis.“ (Angie Sage, Septimus Heap – Magyk)

„Es war glänzendschwarz wie der Panzer eines Käfers (...). Die Augen sahen aus wie Blutgerinnsel, die von innerhalb des Klumpens, der der Kopf sein musste, illuminiert wurden.“ (Tad Williams, Die dunklen Gassen des Himmels)

„Nicht einmal jetzt gelang es ihr, ihre literarische Bildung auszublenden. Ihr übervoller Kopf machte einfach weiter, als hausten Hamster darin, die auf ihrem Endlosrad vor sich hin liefen, immer bereit, sie mit passenden Sprüchen zu versorgen.“ (Ju Honisch, Schwingen aus Stein)

„Seine zuvor auffallend vorspringende Nase war immer noch wie ein umgestülpter Handschuhfinger tief in seinen Schädel gedrückt.“ (Jonathan Stroud, Bartimäus – Das Amulett von Samarkand)

 

Achtung, gelegentliche Bilder, Metaphern und Vergleiche bereichern einen Text, zu viele davon wirken aber erdrückend oder schwülstig! Unschön ist es auch, in einer Passage mehrere verschiedene Bilder und Vergleiche zu bringen, die nicht besonders gut zueinander passen.

Tipp 3: Weg mit überflüssigen und nichtssagenden Adjektiven

Adjektive (Eigenschaftswörter wie verträumt, prickelnd, hoch, grün, staubig) und Adverbien (Umstandswörter, die das Verb genauer beschreiben) liefern zusätzliche Informationen und lösen Bilder im Kopf aus. Ein genau passendes Adjektiv am rechten Ort ist wunderbar. Es gibt aber Adjektive, die reflexhaft eingesetzt werden, zum Beispiel „knisternde Spannung“ (was genau knistert hier? Der Inhalt des Gehirns?)  oder „tragischer Todesfall“ (ist nicht jeder Unfall oder Todesfall tragisch?). Raus damit. Zudem blähen überreichlich eingesetzte Adjektive einen Text auf und lassen ihn kitschig klingen. Überprüfe beim Korrekturlesen, ob du treffende Adjektive gefunden oder auf nichtssagende wie „schön“ gesetzt hast. Auch überzogene wie „markerschütternd“ solltest du feuern. Hilfestellung bei der Suche nach dem richtigen Wort gibt beispielsweise ein Synonym-Lexikon.

Sei streng und überprüfe in jeder Passage, ob du es mit den Adjektiven übertrieben hast. Welche davon können raus? Seltener ist das Gegenteil der Fall – hast du zu wenige Adjektive verwendet? Welche könntest du noch hinzufügen, damit dein Text bildhafter und präziser wird und sich die Leser die Burg, das Geschöpf oder die Figur besser vorstellen können?

Ein Textbeispiel dafür, wie viele Adjektive zu viele sind, findest du in meinem Beitrag Die fünf schlimmsten Fehler von Fantasyautoren.

Tipp 4: Zu lange Sätze umformen

Uns allen rutschen besonders im wortgewaltigen Genre Fantasy gelegentlich zu lange Sätze ins Manuskript. Sie lassen sich schlecht lesen und noch schwerer vorlesen, was man gewöhnlich bei der ersten Lesung merkt. Dann ist es leider zu spät. Spätestens beim zweiten Überarbeitungsdurchgang solltest du daran gehen, Satzungetüme aus dem Text herauszufischen. Stilistisch unschön ist zum Beispiel diese Passage:

Marlea und Markon betrachteten die alte Rüstung, die schon ihren Großeltern gehört hatte, die von Elaryon nach Brix gezogen waren, und waren erstaunt, dass sie noch so gut aussah, obwohl der Großvater damit in ungezählte Kriege gezogen war, sie nie eingeölt oder poliert und sie nach Benutzung jedes Mal in einen hinteren Winkel des Schuppens geworfen hatte. Marlea fragte: „Wie haben Oma und Opa das schwere Ding bis nach Brix schaffen können, und was ist so besonders daran, dass sie es mitgenommen haben und andere Rüstungsteile dagelassen haben, obwohl das Ding wahrscheinlich furchtbar unpraktisch ist?“

 

Wenn man die Sätze gliedert, klingt die Passage gleich besser:

Marlea und Markon betrachteten die alte Rüstung, die schon ihren Großeltern gehört hatte. Sie sah erstaunlich gut aus dafür, dass der Großvater damit in ungezählte Kriege gezogen war, sie weder eingeölt noch poliert und nach Benutzung in einen hinteren Winkel des Schuppens geworfen hatte. Marlea fragte: „Wie haben Oma und Opa das schwere Ding von Elaryon bis nach Brix schaffen können? Und was ist so besonders daran, dass sie es mitgenommen und andere Rüstungsteile dagelassen haben? Es ist wahrscheinlich furchtbar unpraktisch.“

 

Falls du beim Durchlesen einen zu langen, schlecht lesbaren Satz in deinem Manuskript bemerkst – mach zwei draus, deine Leser werden es dir danken.

Noch ein kleiner Zusatz-Tipp: In der deutschen Sprache ist es möglich, das Verb ans Ende des Satzes zu stellen. Schön sind solche Konstruktionen aber nicht, denn durch sie müssen deine Leser herumrätseln, worum es im Satz eigentlich geht, bis am Schluss die Auflösung folgt. Beispiel:

Damit hat der Herzog nicht nur seine Gegner, sondern auch seine Freunde, Verbündete und Magier, die bisher auf seiner Seite waren, verärgert.

 

Falls du noch solche Konstruktion im Manuskript hast, dann raus damit. Zieh das Verb nach vorne:

Damit hat der Herzog nicht nur seine Gegner verärgert, sondern auch seine Freunde, Verbündete und Magier, die bisher auf seiner Seite waren.

Tipp 5: Satzanfänge variieren

Wenn sich beispielsweise „Der/Die/Das“-Anfänge häufen, solltest du eingreifen. Zum Glück lassen sie sich leicht vermeiden, du musst nur den Satz umstellen. Aus „Die Bäume würden irgendwann gefällt werden“ wird „Irgendwann würden die Bäume gefällt werden.“ Oder hast du in einer Passage eine Vielzahl von „Ich“-Satzanfängen? Das sind nicht nur unschöne Wiederholungen, sondern lässt auch noch die Hauptfigur selbstbezogen wirken.

 

Viel Spaß beim Anwenden dieser Tipps! Wahrscheinlich wirst du dich an manche Dauer-Baustellen immer wieder erinnern müssen – zwei meiner Coaching-Kunden geben sich immer noch hin und wieder einer Adjektiv-Orgie hin, was sie aber selbst nicht merken, bis ich sie darauf aufmerksam mache. Ich selbst gestehe hiermit, dass ich zu viele Füllwörter verwende. Bitte nicht weitererzählen.

Sylvia Englert

Sylvia Englert ist Autorin, Lektorin und Journalistin. Jugendromane schreibt sie unter dem Namen Katja Brandis, Fantasy für Erwachsene unter dem Pseudonym Siri Lindberg – und unter ihrem richtigen Namen hat sie 2015 das Buch Fantasy schreiben und veröffentlichen publiziert.

www.sylvia-englert.de | www.katja-brandis.de | www.siri-lindberg.de