Fantasy

Die 100 besten Fantasy-Bücher aller Zeiten (Teil 4 von 4)

Die 100 besten Fantasy-Bücher aller Zeiten (Teil 4 von 4)

 TOR Team, 20.03.2021

Und hier der letzte Teil 4 der 100 besten Fantasy-Bücher aller Zeiten (Titel 76 bis 100). Die Liste stellt kein Ranking dar. Weitere Teile der Serie hier: 

 

Zur Auswahl von "Die 100 besten Fantasy-Bücher aller Zeiten" auf Tor Online: Innerhalb von zwei Wochen wurden 460 verschiedene Titel nominiert. Aus diesen 460 Bücher hat eine achtköpfige Jury (vier Frauen, vier Männer) ihre 100 Favoriten ausgewählt. Los geht's mit den ersten 25 Titeln:

Schatten über Ombria | Patricia McKillip (Ombria in Shadow, 2002)

Patricia McKillip ist seit den 1970er-Jahren als Fantasyautorin aktiv und wurde noch bis 2005 ins Deutsche übersetzt. Der abgeschlossene Einzelroman Schatten über Ombria gewann 2002 den renommierten World Fantasy Award. Es geht um eine machthungrige Hexe, die die Macht über Ombria an sich reißen will, während der König im Sterben liegt. Und natürlich gibt es ein paar junge Leute, die sie aufhalten können. Doch Ombria ist anders als normale Städte, es besitzt noch eine Schattenstadt, also eine Welt, die in den Schatten des eigentlichen Ombria existiert. Was das Buch so hervorhebt, sind die wunderschöne Sprache und die unnachahmliche Erzählkunst der Autorin, die ganz andere Töne anschlägt, als man sie normalerweise von High-Fantasy-Werken gewohnt ist.

Die schwarze Stadt | Tamora Pierce (Alanna: The first Adventure, Alanna von Trebonds Abenteuer, 1983)

Über die junge Alanna, die sich als Junge verkleidet, damit ihr Zwillingsbruder Thom Zauberer und sie Ritter werden kann. Der Auftakt zu einer mittelalterlichen Fantasy in der Welt Tortall, die sich über vier Bände und mehrere Jahrzehnte erstreckt. Young Adult Fantasy, die wichtige Themen wie Gleichberechtigung, Feminismus und Diskriminierung anspricht, dabei aber immer unterhaltsam bleibt und viele Abenteuer bereithält.

Silbermantel | Guy Gavriel Kay (The Summer Tree, Die Herren von Fionavar, 1984–1986)

Silbermantel ist der Auftakt zur Trilogie Die Herren von Fionavar, die von Studenten der Universität von Toronto erzählt, die durch den Magier Loren Silbermantel in die Fantasywelt von Fionvar geholt werden, wo jeder von ihnen auf eigene Faust seine/ihre Rolle finden muss. Also Portal Fantasy in der Art von Stephen Donaldson oder Joel Rosenberg. Allerdings ist Kay ein so guter Autor, dass sich Vergleiche mit anderen Werken verbieten. Anders als z. B. bei Rosenberg haben wir es nicht einfach mit einer Rollenspielfantasy zu tun, das Werk enthält deutlich mehr philosophische Tiefe, eine wunderschöne Sprache und mitreißende Figuren, bei deren Schicksal kein Auge trocken bleibt.

Das silberne Einhorn | Max Kruse (2011)

Max Kruse war ein unglaublich produktiver Kinderbuchautor. Seine bekannteste Figur dürfte Urmel aus dem Eis sein, die wie einige seiner anderen Werke durch die Verfilmung der Augsburger Puppenkiste Kultstatus erlangte. In Das silberne Einhorn muss sich eine junge Prinzessin mit ihrem Freund, dem Müllersohn, und besagtem Einhorn auf eine abenteuerliche Reise begeben, um den Fluch einer beleidigten Fee zu bannen, die traurige Stimmung im Schloss zu vertreiben und die Freude zurückzubringen. Schön geschrieben und voller kluger Weisheiten.

Das Silmarillion | J. R. R. und Christopher Tolkien (The Silmarillion, 1977)

1917, noch während des Ersten Weltkriegs, den Tolkien hautnah miterlebte, begonnen, 1977 dann von seinem Sohn Christopher mit Hilfe von Guy Gavriel Kay als Buch veröffentlicht, bleibt es doch irgendwie unvollendet. Das Silmarillion ist kein Roman, vielmehr der Versuch, die fiktive Historie und Mythologie Mittelerdes von ihrem musikalischen Beginn durch Eru Ilúvatar bis zu den Ringen der Macht im Dritten Zeitalter in einen Band zu packen. Wer wissen möchte, was es mit den Valar auf sich hat, wie Númenor unterging und Sauron von Melkor zum Bösen verführt wurde und später den einen Ring schmiedete, ist hier genau richtig.

Sommer der Zwietracht | Daniel Abraham (A Shadow in Summer, Long Price Quartett, 2006-2009)

Inzwischen ist Daniel Abraham vor allem als Teil des Autorenduos James S. A. Corey bekannt, dass mit The Expanse eine sehr erfolgreiche Science-Fiction-Serie schreibt. Zuvor war er vor allem in der Fantasy unterwegs, und mit dem Long-Price-Quartett abseits der üblichen ausgetretenen Pfade. Erzählt wird vom jungen Maati, der zum Poeten ausgebildet wird – zum mächtigen Zauberer, der einen gottähnlichen Andaten in seinen Dienst zwingen kann. Als Schüler kommt er zu Heshai, dem Hofpoeten der Stadt Saraykeht, wo er durch seine Gabe in ein intrigantes Machtspiel verwickelt wird, von dem auch Amat, die Geschäftsleiterin eines Handelshauses, Wind bekommt, die versucht, ihre Stadt zu retten. Amat ist die zweite Hauptfigur des Romans, und aufgrund ihres Alters eine ungewöhnliche, mutige Wahl. „Die Entwicklungen in Sommer der Zwietracht werden fast ausschließlich über Charaktergeschichten in Gang gesetzt, und wichtige Dinge spielen sich oft subtil zwischen den Zeilen ab, daher ist der Roman mit Sicherheit keine groß angelegte epische Fantasy … Abraham bringt diese subtilen Nuancen in einem dichten und straffen Stil an den Leser, der trotzdem ausführlich, mit vermeintlich ‚nebensächlichen‘ Szenen erscheint, von denen letztendlich keine einzige überflüssig ist. Gerade die alltäglichen Szenen liegen dem Autor besonders, er hat einen guten Blick für das Zwischenmenschliche, für das gewöhnliche, mitreißende Leben im Schatten großer Ereignisse“, schreibt Jurorin Simone Heller.

Stadt der Heiligen und Verrückten | Jeff Vandermeer (City of Saints and Madmen, 2001)

Jeff Vandermeer gilt als einer der bekanntesten aktuellen Vertreter der Weird Fiction, und das nicht erst seit dem Erfolg seiner Southern-Reach-Trilogie. Stadt der heiligen und Verrückten ist eine Sammlung von zusammenhängenden Erzählungen, die sich alle um die Stadt Ambra drehen und sich zu einer Art Mosaikroman zusammenfügen. Mit präziser Sprache und radikaler Originalität erschafft Vandermeer das surrealistische, halluzinatorische Panorama einer phantastischen und vielschichtigen Stadt und ihrer Bewohner. Wer die Grenzen der Phantastik, der Fantasy und von Wahn und Wirklichkeit kennenlernen und überschreiten möchte, ist hier an der richtigen Adresse.

Die Stadt der träumenden Bücher | Walter Moers (2004)

Als Berufsprovokateur und Comicautor Walter Moers (Das kleine Arschloch) seiner beliebten Figur aus dem Kinderfernsehen in Die 13½ Leben des Käpt’n Blaubär eine Biografie in Romanform verpasste, verblüffte er nicht wenige. Blieb diese zunächst noch episodenhaft und relativ harmlos, ging es in Rumo und die Wunder im Dunkeln schon härter und stringenter zur Sache. Den Zenit erreichten seine Zamonien-Romane mit Die Stadt der träumenden Bücher, jener phantasievollen und voller Wunder und Lebensweisheit steckenden Lebensgeschichte des berühmten zamonischen Schreiberlings Hildegunst von Mythenmetz. Am ehesten könnte man Moers vielleicht mit Terry Pratchett vergleichen, nur das Moers die Essenz von fünf Scheibenwelt-Romanen stimmungsvoll und elegant in einen einzigen seiner Zamonien-Romane steckt. Denis Scheck sagte einmal sinngemäß, dass man Moers in hundert Jahren im Deutschunterricht als einen der großen Klassiker der deutschen Literatur lesen werde. So lange wird es hoffentlich nicht dauern.

A Stranger in Olondria | Sofia Samatar (2013)

In A Stranger in Olondria erzählt Sofia Samatar in sehr lyrischer Sprache von einem jungen Inselbewohner, der als Händler erstmals ins große Olondria kommt, dort zunächst das Leben genießt, durch die Geistererscheinung eines Mädchens aber in den Machtkampf zwischen zwei religiösen Sekten gerät. Es dreht sich viel um den Wert von Büchern, Gedichten und Geschichten; die Fabulierkunst wird großgeschrieben, zwar gibt es auch Intrigen und hier und da wird etwas gekämpft, aber vor allem geht es um Jevick, wie er Olondria und seine Bewohner erkundet, psychische Probleme bekommt und diese im Laufe seiner Reise überwindet. Ein stilistisch herausragender Roman, weit abseits der üblichen Fantasytropen. Wurde bisher leider nicht ins Deutsche übersetzt.

Die Sturmwelten-Trilogie | Christoph Hardebusch (2008 – 2010)

Der Durchbruch gelang Christoph Hardebusch direkt mit seinem Debütroman Die Trolle, der vom Verlag unter dem seinerzeit enorm erfolgreichen Völkerfantasy-Label vermarktet wurde, auch wenn der Roman vom Autor gar nicht speziell dafür geschrieben worden war. Es folgten noch zwei Fortsetzungen (später noch mehr), bevor er sich 2008 mit seiner Sturmwelten-Trilogie erfolgreich aus dieser Genreschublade befreite und auf neuen Wegen segelte. Direkt von der ersten Seite an kommt Seefahrer/Piraten-Flair auf. Wobei die Trilogie trotzdem über klassische Abenteuergeschichten hinausgeht und auch komplexe Intrigen und Machtspiele enthält. Hardebusch zeigte mit Sturmwelten, dass deutschsprachige Fantasy mehr kann, als nur Motive Tolkiens aufzugreifen, und bewies den Mut, sich nach drei erfolgreichen Troll-Romanen in neue Gewässer zu begeben (um mal die Seefahrer-Rhetorik zu überstrapazieren).

Die Suche nach dem Auge der Welt | Robert Jordan (The Eye Of The World, Das Rad der Zeit, 1990–2013)

Das Rad der Zeit dürfte der längste Fantasyroman aller Zeiten sein. Endlosserien gibt es viele, doch kaum eine, die sich im Prinzip wie ein langer Roman über 14 Originalbände (im Deutschen zunächst auf 37 aufgeteilt) zieht. Auch wenn sich Jordan in Die Suche nach dem Auge der Welt noch hier und da bei Tolkien bedient und das Klischee vom auserwählten Bauernjungen (Rand al’Thor) nutzt, legt er von Anfang an den Grundstein für eine ganz eigene Welt mit eigener Mythologie, und erzählt eine komplexe, gut durchkonzipierte Geschichte, die er aufgrund seines überraschenden Todes 2007 nicht selbst beenden konnte. Die letzten drei Bände vollendete Brandon Sanderson nach den Notizen Jordans und machte seine Sache dabei ganz ordentlich. Das Rad der Zeit ist schon klassische High Fantasy, die vom Kampf Gut gegen Böse erzählt, interessant wird sie vor allem durch die extreme Detailliertheit, mit der Jordan seine Welt baut, und die moralischen Fragen, mit denen sich seine Protagonisten auseinandersetzen müssen. Wobei es in der Serie Höhen und Tiefen gibt, unter anderem einen Durchhänger über drei schwache Bände, der im Englischen als The Slog bezeichnet wird; mit Band 11 Die Traumklinge (der vielen als einer der besten gilt) gewinnt die Geschichte aber wieder an Fahrt.

Taran und der Zauberspiegel | Lloyd Alexander (Taran Wanderer, Die Chroniken von Prydain, 1964–1968)

Wer in den 1980ern aufgewachsen ist, könnte den Zeichentrickfilm Taran und der Zauberkessel kennen, in dem der Hilfsschweinehirte Taran versucht, sein weissagendes Schwein Hen Wen vom Gehörnten König zurückzubekommen, und dabei allerlei Abenteuer erlebt. Die inhaltlich ähnlich ablaufende Vorlage stammt vom britischen Autor Lloyd Alexander, der insgesamt fünf Romane um Taran verfasste. Taran und der Zauberspiegel ist der vierte, geht mehr auf den familiären Hintergrund des Findelkindes Taran ein und verleiht den bisher eher humorvollen Abenteuern mehr Tiefe. Die ersten beiden Bände wurden übrigens von Ottfried Preußler ins Deutsche übersetzt.

Tehanu | Ursula K. Le Guin (Erdsee 4, 1990)

Der ursprüngliche Erdsee-Zyklus erschien von 1968 bis 1972. Doch 1990 legte Ursula K. Le Guin mit Tehanu noch einmal nach und erzählt die Geschichte von Tenar aus Band 2, Die Gräber von Atuan, weiter. Ged, die Hauptfigur aus den anderen Bänden, ist aber auch wieder mit dabei. Le Guin greift hier die Geschlechterfrage aus Band 2 – der ebenfalls aus weiblicher Perspektive geschrieben wurde – und das Verhältnis der Geschlechter auf Erdsee zueinander in einer aktualisierten Form wieder auf. Insgesamt weicht der Stil des Romans von den Vorgängern ab, blickt aus ganz neuer Perspektive auf die bisherige Entwicklung von Tenar und Ged und bietet so einen reflektierenden Rückblick auf den Erdsee-Zyklus.

Tintenherz | Cornelia Funke (Tintenherz-Trilogie, 2003–2007)

Bücher über Bücher haben sich in der Phantastik schon immer großer Beliebtheit erfreut, vor allem, wenn noch ein Schuss Magie zwischen den Zeilen funkelt. Hier ist es Meggies Vater Mortimer Folchart, der nicht nur Buchbinder ist, sondern mit seiner Zauberzunge auch Figuren aus Büchern in unsere Welt bringen kann. Eine zentrale Rolle spielt dabei das Buch Tintenherz, hinter dem der Schurke Capricorn her ist. Was als abenteuerliche, unterhaltsame Jugendbuchtrilogie beginnt, bekommt im dritten Band Tintentod einen deutlich ernsteren und komplexeren Anstrich, vor allem was das Thema Trauer angeht. Denn dort verarbeitet Funke den Tod ihres Mannes, hebt die Trilogie auf eine neue Ebene und zeigt, wie gut sich ernste Themen einfühlsam in phantastischer Jugendbuchliteratur verarbeiten lassen. Wurde zu Recht auch international erfolgreich.

Tochter des Imperiums | Raymond Feist & Janny Wurts (Daughter of the Empire, Kelewan-Saga, 1987–1992)

Raymond Feists Midkemia-Saga ist klassische High-Fantasy aus den 80er-Jahren, der Weltenbau stark von Tolkien und seinen Völkern beeinflusst und vom Kampf Gut gegen Böse erzählend. Doch mit den Tsurani, einem von japanischer Kultur beeinflussten Volk, das in Der Lehrling des Magiers die Welt unserer Helden überfällt, hat er etwas sehr Originelles und Differenziertes angefügt, das er in der Kelewan-Saga (einer Trilogie) mit Janny Wurts zusammen genauer ausführt. Hier lernen wir die Welt und Gesellschaft der vermeintlichen Bösewichte kennen und erhalten mit der Protagonistin Mara aus einer ganz anderen Perspektive Einblicke in die Geschehnisse. Feist und Wurts zeigen hier beispielhaft, wie man klassisch inspirierte Fantasy einen interessanten Dreh verpassen kann.

Das Tor von Ivrel | C. J. Cherryh (Gate of Ivrel, Morgaine-Zyklus, 1976-1978)

Der Morgaine-Zyklus von C. J. Cherryh wird im englischsprachigen Raum als Science Fantasy eingeordnet, kommt aber auf den ersten Blick als klassische Sword & Sorcery daher, mit seiner titelgebenden Heldin, die Tore nutzt, mit denen man durch Zeit und Raum reisen kann, die sich aber selbst zerstören, nachdem sie sie benutzt hat. Solche Romane gab es viele in den 1970ern, in denen noch Überreste einer Hochtechnologie vorhanden sind, man damit aber durch Welten reist, die in mittelalterliche Verhältnisse zurückgefallen sind. Morgaine sticht dabei heraus, da es sich nicht um reine Abenteuer-SF-Fantasy handelt, sondern interessante philosophische Fragen behandelt. Auf die ursprünglichen Trilogie, bestehend aus Das Tor von IvrelDer Quell von Shiuan und Die Feuer von Azeroth, folgte 1988 mit Exile’s Gate noch ein vierter Band, der nie ins Deutsche übersetzt wurde.

Die unendliche Geschichte | Michael Ende (1979)

Der große Klassiker der deutschsprachigen Fantasyliteratur, durch die Verfilmung auch weltweit bekannt. Über den kleinen Bastian Bux, der ein phantastisches Buch entdeckt, und Adreu, der kindlichen Kaiserin, und den Drachen Fuchur. Während die Verfilmung nur einen Teil der Geschichte abdeckt, geht das Buch weit über die Grenzen üblicher Fantasygeschichten hinaus.

Der unheilige Gral | Fritz Leiber (Ffahrd und der graue Mausling/Fafhrd and the Gray Mouser, 1939–1988 )

Der unheilige Gral ist der erste Sammelband der Kurzgeschichten um die beiden Abenteuerer und Diebe Ffahrd und den grauen Mausling. Die erste Geschichte veröffentlichte Leiber bereits 1939 und gehört mit zu den das Genre prägenden Pionieren der Sword and Sorcery. Anders als Howards Conan kommen die beiden Freunde mit viel Humor und sehr gewitzt daher und besitzen als Duo eine ganz eigene Dynamik. Ursprünglich hatte Leiber ihre Abenteuer in unserer Welt platziert, sie dann aber doch bald in die Fantasywelt Nehwon verlegt, die Teil eines Multiversum ist. Die Abenteuer der beiden sind zum Teil schon recht pulpig, von Leiber aber oft hintersinnig, vielschichtig und mit wunderbaren Dialogen geschrieben, weshalb sie auch bis heute so gut funktionieren.

Unten am Fluss | Richard Adams (Watership Down, 1972)

Erzählt von einer Gruppe Kaninchen, die ein gemütliches Leben in ihrem Bau führen, bis Fiver plötzlich Untergangsvision hat. Zusammen mit seinem Bruder Hazel und einigen weiteren Kaninchen brechen sie auf, um der Zerstörung zu entgehen, die dann durch Menschenhand tatsächlich eintritt. Ein Klassiker der Tierfantasy, der aber deutlich düsterer daherkommt als viele ähnliche Romane. Die Zeichentrickverfilmung von 1978 dürfte nicht wenige Kinder traumatisiert haben. Im Prinzip ein klassischer Abenteuerroman mit Heldenreise, aber eben mit Kaninchen, die durch ihren Bezug auf die Zerstörungswut des Menschen gegenüber der Umwelt nichts an Aktualität verloren hat. Mit Lapine hat Adams für das Buch eine eigene Sprache erschaffen.

Die vier Zweige des Mabinogi | Evangeline Walton (Four Branches of the Mabinogion, 1936 bzw. 1970–1974)

Ursprünglich 1936 veröffentlicht, erfuhr der erste von vier Romanen dieser Tetralogie eine etwas unglückliche Publikationsgeschichte, die ihr Ende erst mit der Neuveröffentlichung durch Lin Carter in den 1970ern fand. Die Geschichte basiert auf der keltischen Mabinogion-Sage, greift alte Mythen auf und verwebt sie zu einem bzw. vier spannenden, wortgewaltigen Romanen, deren Inhalt aber zu komplex ist, um ihn hier adäquat wiederzugeben. Es geht um Intrigen und Machtkämpfe unter Königen und deren Familien, große Schlachten und tragische Schicksale.

Das wandelnde Schloss | Diana Wynne Jones (Howl’s Moving Castle, 1986)

Inzwischen dürfte viele die Geschichte durch die Ghibli-Verfilmung von Hayao Miyazaki kennen, doch das Buch war schon lange zuvor ein Klassiker des Jugendbuchs. Kern der Geschichte ist Sophie, die, von einer Hexe verflucht, zur alten Frau wird und ihre beiden Geschwister vor dem nach Mädchen dürstenden Zauberer Howl beschützen will, indem sie seine Haushälterin wird, ihm aber nichts von ihrem Fluch erzählen kann. Es folgt ein humorvolles und hintergründiges Abenteuer voller Magie und Schrulligkeiten, dessen besonderer Reiz in den kleinen Details und verrückten Ideen liegt, die Jones kunstvoll in die Geschichte einbaut. Mit der Palast im Himmel 1990 und Fauler Zauber 2008 gab es noch zwei Fortsetzungen.

Der Winterkaiser | Katherine Addison (The Goblin Emperor, 2014)

In ghormenghastchem Ambiente erzählt Katherine Addison (alias Sarah Monette) von Maia - halb Elf, halb Kobold -, der sein Leben in der Provinz aufgeben muss, um seinem plötzlich verstorbenen Vater auf den Thron zu folgen, wo er sich in einer feindlichen Umgebung voller Palastintrigen wiederfindet. Gefühlvolle, kluge Fantasy in begrenztem Szenario mit komplexen Gesellschaftsstrukturen, die hier ausführlich, aber nie langweilig geschildert werden. Ein wunderbares Beispiel dafür, dass abgeschlossene Fantasyromane, ohne jegliche Fortsetzung in Sicht, auch heute noch bestens funktionieren. Wobei es demnächst mit The Witness for the Dead einen weiteren Roman geben wird, der in dieser Welt spielt.

Wintersonnenwende | Susan Cooper (The Dark is Rising, 1971)

Wie so viele Autorinnen auf dieser Liste hatte Susan Cooper ihre Hochzeit während der 1970er- und 80er-Jahre, und ist inzwischen leider ein wenig in Vergessenheit geraten. Wintersonnenwende ist der zweite Band der gleichnamigen fünfteiligen Serie, die 2008 noch mal in einem Band auf Deutsch erschien. Vom Grundprinzip her klassische Jugendbuchfantasy über einen Jungen (Will Stanton), in dem übernatürliche Fähigkeiten schlummern (die Kräfte des Lichts), mit denen er eine uralte Prophezeiung erfüllen muss, um die Welt zu retten (den Sturm der Finsternis zurückschlagen). Was heute natürlich ein ausgelutschtes Thema ist, war es 1971 noch lange nicht, und es steht und fällt sowieso alles damit, wie die Geschichte erzählt ist. Und da kann Cooper mit einer spannenden und mitreißenden Schreibe punkten, die stark von der Artus-Sage und keltischen Mythen beeinflusst wurde. Was im ersten Band als abenteuerliche Schatzsuche dreier Geschwister in der Gegenwart beginnt, entwickelt sich zum epischen Kampf Gut gegen Böse. Durchaus komplex konstruiert und die jungen Leser*innen fordernd, stecken die Bücher voller Fachwissen über die alten Legenden, präsentiert in einem poetischen, eleganten Stil und mit vielschichtigen Charakterentwicklungen.

Zerrissene Erde | N. K. Jemisin (The Fifth Season, die große Stille 2015–2017)

Mit ihrer Trilogie Die große Stille (Broken Earth) schrieb N. K. Jemisin Geschichte, gewann sie doch mit allen drei Bänden drei Jahre in Folge den Hugo Award für den besten Roman (für Zerrissene ErdeBrennender Fels und Steinerner Himmel). Schon der Einstiegsband bewegt sich jenseits ausgetretener Genrepfade, erzählt auf radikale Weise mit interessanten Erzählperspektiven und überraschenden Wendungen von einer Welt kurz vor dem Untergang. Moderne Fantasy, die sich vom Genrekanon gelöst hat und visionär, mit meisterhafter Sprache neue Maßstäbe setzt. High-Concept-Phantastik, die dabei aber nicht vergisst, eine bewegende Geschichte zu erzählen.

Die Zwerge | Markus Heitz (2003)

Nachdem sich der Sammelband Die Orks von Stan Nicholls 2002 überraschend gut verkaufte, fragte Heyne bei Markus Heitz nach, ob er nicht auch einen Fantasyroman zu einem von Tolkiens Völkern schreiben könne. Was folgte, waren Die Zwerge und ein Fantasyboom in Deutschland, der seinesgleichen sucht. Erzählt wird von dem Geborgenen Land, das von Orks, Trollen und Ogern bedroht wird, und von dem Zwerg Tungdil Bolofar, der sich der Bedrohung und einer dunklen Prophezeiung stellen muss. Gefolgt von vier Fortsetzungen (und aktuell sogar Die Rückkehr der Zwerge), die Markus Heitz zu einem der erfolgreichsten und bekanntesten Fantasyautoren Deutschlands machten, der sich aber auch in anderen Genres und Welten bewegte und sich nicht auf dem Erfolg der Zwerge ausruhte.