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Die 100 besten Fantasy-Bücher aller Zeiten (Teil 2 von 4)

Die 100 besten Fantasy-Bücher aller Zeiten (2 von 4)
© keller / pixabay

TOR Team, 20.03.2021

Weiter geht's: die 100 besten Fantasy-Romane aller Zeiten (Teil 2, Titel 26 bis 50). Die Liste stellt kein Ranking dar. Weitere Teile der Serie hier: 


Zur Auswahl von "Die 100 besten Fantasy-Bücher aller Zeiten" auf Tor Online: Innerhalb von zwei Wochen wurden 460 verschiedene Titel nominiert. Aus diesen 460 Bücher hat eine achtköpfige Jury (vier Frauen, vier Männer) ihre 100 Favoriten ausgewählt. Los geht's mit den ersten 25 Titeln:

Erdzauber | Patricia McKillip (Riddle-Master, 1976–1979)

Die Schule der Rätselmeister beginnt als klassischer Reiseroman, in der der Nachwuchsherrscher des kleinen Agrar-Inselstaates Hed Morgan nach einer Reihe von Attentaten die weite Welt bereisen muss, um herauszufinden, was es mit der Prophezeiung, dem Stern auf seinem Gesicht und der magischen Harfe, die er unterwegs erhält, auf sich hat. Etwas altmodische, aber sympathische Fantasy, die es versteht, ihre Leser*innen mit relativ einfacher Magie zu verzaubern, und vor allem sprachlich schön geschrieben ist. Ein Buch, dass man stilistisch und inhaltlich als verträumt bezeichnen kann.

Der Fall Jane Eyre | Jasper Fforde (The Eyre Affair, Thursday Next, 2001)

Der Fall Jane Eyre ist ein relativ moderner Fantasyroman, der in einer modernen Parallelwelt spielt, in der die Literatur ungleich mehr Gewicht hat. Hauptfigur ist die zur Jurisfiktion gehörende Agentin Thursday E. Next, die dem Erzschurken Acheron Hades auf den Fersen ist, der in den Roman Jane Eyre von Charlotte Brontë gesprungen ist und die titelgebende Hauptfigur entführt hat. Fforde hat hier eine sehr humor- und liebevolle Welt gestaltet, in der die Literatur das Weltgeschehen beeinflusst und man auch die Literatur ganz konkret mit weitreichenden Folgen praktisch vor Ort im Buch beeinflussen kann. Es folgten sechs Fortsetzungen, von denen die letzte The Woman Who Died a Lot nicht auf Deutsch erschienen ist.

Feuer und Stein | Diana Gabaldon (Outlander, Highland-Saga, 1995–2014)

Mitte der 1990er löste Diana Gabaldon mit ihrer romantischen Fantasysaga einen Boom aus, der vor allem bei Leserinnen stattfand, die sonst nicht viel mit dem Genre am Hut hatten. Wobei sich der Fantasyanteil auch darauf beschränkt, dass die Militärkrankenschwester Claire Randall im Schottland des 18. Jahrhunderts landet, wo sie sich natürlich in einen patenten Schotten verliebt und mit ihren relativ modernen Ansichten in einer konservativen Gesellschaft überleben muss. Doch in der Geschichte steckt mehr als eine seichte Romanze. Das Aufeinanderprallen der Kulturen, das durch Rachels moderne medizinische Kenntnisse entsteht, erzeugt ein interessantes Spannungsfeld, dass sich mit Mythen und Aberglauben der vergangenen Jahrhunderte vermischt. Zehn Bände sind geplant, acht bisher erschienen. Die TV-Serie von 2014 verhalf den Büchern auch bei einer jüngeren Generation zu neuer Popularität.

Der Fluch des Verächters | Stephen R. Donaldson (Lord Fouls Bane, Die Chroniken von Thomas Covenant [dem Zweifler], 1977

Zeitgleich mit Terry Brooks' Das Schwert von Shannara erschien 1977 Donaldsons Der Fluch des Verächters, und beide Titel verschafften der Fantasyliteratur in den USA einen neuen Aufwind. Doch anders als Brooks liefert Donaldson schon vom ersten Band an keine plumpe Kopie des Herrn der Ringe (auch wenn er tolkieneske Motive aufgreift), sondern verfolgt einen originellen Ansatz. Der an Lepra erkrankte Thomas Covenant landet unvermittelt in einer Fantasywelt, von seiner Krankheit geheilt wähnt er sich in einem Traum. Was ihn auch gleich zu einer schändlichen Tat verleitet, die bis heute kontrovers unter den Leser*innen diskutiert wird, für die dreibändige ersten Chroniken aber gleich einen ambivalenten Ton setzt, mit Figuren jenseits der üblichen Gut/Böse-Kategorien. Es folgten noch zwei weitere Chroniken mit sieben Bänden, die aber nicht an die erste Trilogie heranreichen.

Flucht ins Feenland | Hope Mirrless (Lud-in-the-Mist, 1926)

Würde man im englischen wohl als Whimsical Fantasy bezeichnen, mit der Mirrless das spießige Treiben der britischen Landbevölkerung auf die Schippe nimmt, in einem Buch mit durchaus ernsten Untertönen. Der wunderbar altmodische Stil erinnert an Jane Austen, ebenso wie die Handlung mit ihrer Sezierung des Lebens der Bewohner mit all ihren Vorurteilen und Ängsten gegenüber allem Fremden. Die phantastischen Elemente werden wohldosiert eingestreut, hauptsächlich geht es um den Bürgermeister Nathan Hahnenkamm, der seinen Sohn vor verderblichen Einflüssen schützen will und auf Rat eines zwielichtigen Doktors auf eine Farm an der Grenze zum Feenland schickt. Sprachlich herausragend, präzise in der Charakterisierung der Figuren, scharfsinnig in seinen Beobachtungen des Verhaltens der Menschen, und doch verzaubernd. Eine Mischung aus historischem Roman, Gesellschaftssatire, Detektiv- und Spukgeschichte.

Die Flüsse von London | Ben Aaaronovitch (Midnight Riot, PC-Grant-Serie, seit 2011)

Als die Flüsse von London 2011 im Original und 2012 auf Deutsch erschien, machte die Urban-Fantasy-Reihe um den Police Constable Peter Grant – der verborgene magische Talente in sich entdeckt und in London für eine geheime Polizeieinheit in den verborgenen magischen Regionen der Stadt ermittelt – gar nicht so viel neu, was das Genre angeht. Doch mit Charme, Humor und liebenswürdigen Figuren eroberte die Reihe die Herzen der Leser*innen im Sturm und erfreut sich nach acht Bänden immer noch großer Beliebtheit. Die Romane erzählen abgeschlossene Geschichten, haben aber auch eine übergreifende Rahmenhandlung.

Der Falke des Lichts | Gillian Bradshaw (Hawk of May, Die Artus-Saga, 1980–1982)

Adaptionen der Artus-Sage gibt es viele, Bradshaws Trilogie (zu der auch noch Das Königreich des Sommers und Die Krone von Camelot zählen) gehört zu den besten. Im ersten Band steigen wir mit dem jungen Gawain in eine Coming-of-Age-Geschichte ein, die seinen Weg vom unsicheren Jungen zum heldenhaften Mann begleitet, bis er zum Ritter der Tafelrunde aufgenommen wird. Und so geht es in den nächsten beiden Teilen mit seiner Lebensgeschichte weiter, dem Kampf gegen die eigene Mutter (die Zauberin Morgain) und einer finalen Schlacht mit seinem Bruder Medraut. Ganz einfach zu lesen sind die Bücher mit all den keltischen Namen allerdings nicht.

Fool on the Hill | Matt Ruff (1988)

Fool on the Hill ist eine Wundertüte: Campus-Roman, Tolkien-Hommage, griechische Tragödie, Shakespeare, magischer Realismus, Urban Fantasy, Liebeserklärung ans Geschichtenerzählen und vieles mehr. zu einer einzigartigen und packenden Mischung verquirlt. Ruff schert sich keinen Deut um Genrekonventionen, macht, was er will, weiß aber, was er tut. Urkomisch, liebevoll gestaltet, mit viel Schwung und überbordender Phantasie geschrieben.

Die Gärten des Mondes | Steven Erikson (Gardens of the Moon, Spiel der Götter, 1999–2011)

Zehn Bände (neunzehn in der deutschen Übersetzung), deren Handlung mehrere 100.000 Jahre umfasst. Ein riesiges Figurenarsenal in einer gewaltigen Welt voller Magie und Mythen, in der hinter jedem Stein eine Legende lauert. Unzählige Völker und Wesen in einer der komplexesten und opulentesten Fantasyserien aller Zeiten. Was der Anthropologe Erikson hier geschaffen hat, sucht seinesgleichen. Doch die Lektüre ist trotz ihrer stilistischen Brillanz nicht ganz einfach. Schon der Auftakt Die Gärten des Mondes gestaltet sich für viele Leser*innen recht sperrig und verwirrend. Erikson hat hier eine postmoderne Kritik am Fantasygenre mit seinen klassischen Erzählkonventionen geschaffen und bricht selbst mit diesen. Die Serie wird mehr in Anthologieform erzählt, jeder Roman hat unterschiedliche Hauptfiguren und Handlungsorte, spielt teilweise in einem ganz anderen Zeitalter. Und doch hängt am Ende alles zusammen, wenn das Malazan Book of the Fallen seinen Abschluss findet.

Das Geheimnis des siebten Zauberers | Diana Wynne Jones (Archer’s Goon, 1984)

Erzählt vom dreizehnjähriger Howard Sykes und seinen Eltern, die Besuch von einer gewaltigen Person erhalten, einem Schlägertyp (goon), der die 2.000 Wörter einsammeln will, die Howards Vater Archer schuldet. Die hatte sich der Autor dreizehn Jahre zuvor während einer Schreibblockade von Archer geborgt. In der Folge landet Howard vom Schurken verschleppt in einer von sieben Zauberern regierten Stadt. Der Roman gilt nicht unbedingt als das komplexeste Werk von Jones, ist aber auch für Erwachsene ein großer Spaß.

Das Geschlecht der Magier | Katherine Kurtz (Deryni Rising, der späte Deryni-Zyklus, 1970-1973)

Das Geschlecht der MagierDie Zauberfürsten und Ein Deryni-König bilden den späten Deryni-Zyklus, der vor dem frühen Deryni-Zyklus erschienen ist. Insgesamt gibt es bisher 15 in dieser Welt spielenden Romane, von denen der letzte Band 2014 veröffentlicht wurde. Dabei handelt es sich um historische Fantasy, die stark an unserer Welt angelehnt ist – hier an das mittelalterliche England und die katholische Kirche –, aber Fantasyelemente enthält. Hier sind es vor allem die namensgebenden magiebegabten Deryni, die im Konflikt mit der Kirche stehen. Kurtz ging es darum, die Werte der Aufklärung zu vermitteln sowie Toleranz für unterschiedliche Lebensentwürfe, wobei sie allerdings nie aus den Augen verlor, eine spannende Geschichte zu erzählen. Epische Plots mit gewaltigen Schlachten halten sich die Balance mit den detailliert geschilderten bewegenden Geschichten der einzelnen Figuren. Auch wenn Katherine Kurtz heute bei uns ein wenig in Vergessenheit geraten ist, hatte sie vor allem in den 1970er-Jahren einen großen Einfluss auf das Genre und seine Entwicklung. Band 1 avancierte 1970 schnell zu einem Bestseller.

Ghormenghast | Mervyn Peake (1946–1959)

Eine Buchtrilogie wie ein Labyrinth voller Geheimnisse und Mysterien. Titus Groan wächst auf Schloss Ghormenghast auf, das von exzentrischen Bewohnern und Bediensteten bevölkert ist und dessen düstere Winkel, Ecken und Geheimgänge dunkle Relikte der Vergangenheit bergen. Die in einem pseudomittelalterlichen Szenario angelegte Geschichte, die in den ersten beiden Bänden fast ausschließlich auf dem Schloss spielt, besticht durch ihre dichte Atmosphäre und der dynamischen Beziehung von Titus zu dem Schloss und seinen Bewohnern. Neben Der junge Titus, Im Schloß und Der letzte Lord Groan hatte Peake noch mindestens zwei weitere Bände geplant, starb aber, bevor er sie schreiben konnte. Ein vierter Band namens Titus erwacht wurde von Maeve Gilmore vollendet und nach Peakes Tod veröffentlicht.

God Stalk | P.C. Hodgell (1982)

God Stalk (nie auf Deutsch erschienen) erzählt die Geschichte von Jame, die auf der Flucht ist und aus den Haunted Lands in die Stadt Tai-tastigon kommt. Sie weiß, dass sie eine Kencyr ist – mit einziehbaren Krallen statt Fingernägeln –, ein Mitglied von einem von drei Völkern, die in ihrer Gesamtheit die Kencyrath bilden, die wiederum im Auftrag des Three-Faced God seit dreißig Jahrtausenden gegen die Macht von Perimal Darkling kämpfen, einer allesverschlingenden Entität. God Stalk ist Abenteuerfantasy in bester Sword-and-Sorcery-Tradition, die aber weitaus komplexer, reichhaltiger und subtiler daherkommt, als man es dem Subgenre in der Regel zutraut. „Von daher soll es genügen, einfach nur ganz deutlich zu sagen, dass God Stalk einer der besten Sword-&-Sorcery-Romane ist, die jemals geschrieben wurden, und damit ein Lesetipp für alle, die Abenteuerliteratur in einem farbigen, überzeugend geschilderten Setting und eine sympathische, aber keineswegs eindimensionale Protagonistin – was heutzutage vermutlich beides als altmodisch gilt – zu schätzen wissen (und auf Englisch lesen)“, schreibt Jury-Mitglied Gerd Rottenecker.

Der goldene Kompass | Philip Pullman (Northern Lights, 1995)

In einem etwas anderen England, in dem jeder Mensch einen Daemon in Tierform an seiner Seite hat, wächst Lyra Listenreich an einer altehrwürdigen Universität auf und stromert mit den Kindern der Bediensteten über die Dächer und durch die versteckten Winkel der alten Gebäude. Bis eines Tages ihr bester Freund verschwindet und sie, ihrem Forschervormund folgend, Richtung Nordpol zieht, um mit Hilfe eines Bären in Rüstung, eines Cowboys im Heißluftballon und einer Hexe auf einem Besen versucht, das Geheimnis des Sternenstaubs und der verschwundenen Kinder zu ergründen. Zwar hat Pullman hier ein wunderbar abenteuerreiches und magisches Jugendbuch geschrieben, behandelt aber auch sehr erwachsene Themen von Philosophie bis Theologie mit teils sehr drastischen Handlungsentscheidungen. Mit Das magische Messer und Das Bernstein-Teleskop folgten zwei direkte Fortsetzungen, mit Über den wilden Fluss und Ans andere Ende der Welt kehrte Pullman 2017 in die Welt von Lyra und Co. zurück.

Die Götter von Pegana| Lord Dunsany (The Gods of Pegāna, 1905)

Der allgemeinen Fantasyleserschaft eher weniger bekannt, gehört der Brite Lord Dunsany bei Experten und Genrekennern zu den großen Klassikern. The Gods of Pegāna war Dunsanys erstes Buch und enthält eine ganze Reihe von Geschichten, die sich um die Gottheiten besagter Welt Pegāna drehen. Ein sehr origineller und gelungener Versuch, eine eigene Göttermythologie dem griechischen Pantheon gleich zu erschaffen, in einer sehr poetischen und verspielten Sprache; vielschichtig, und ambivalent.

Harry Potter und der Gefangene von Askaban | J. K. Rowling – (Harry Potter and the Prisoner of Azkaban, Harry Potter, 1997–2007)

Der Gefangene von Askaban, der dritte Teil der Harry Potter-Serie, war jener Teil, bei dem man merkte, dass die Bücher von J. K. Rowling mit ihren Leser*innen wuchsen, komplexer wurden, düsterer und erwachsener, ohne dabei aber den Jugendbuchcharakter zu verlieren. Der Impact von Harry Potter war schon vor den Verfilmungen gewaltig und vermutlich mit der größte von allen Titeln hier auf der Liste. Verglichen damit hat Rowling nur sehr wenige Nominierungen sowohl aus den Teilnehmer*innen der Onlineumfrage als auch der Jury erhalten, was an ihren jüngsten transfeindlichen Äußerungen und dem dadurch gesteigerten kritischen Rückblick auf ihr Werk liegen dürfte. Viele langjährige Fans haben sich von ihr abgewandt. Dass sie Millionen Kinder und Jugendliche zum Lesen gebracht und mit ihren Werken verzaubert hat, ändert sich dadurch aber nicht.

Der Herr der Ringe | J. R. R. Tolkien (Lord of the Rings, 1954)

Der große Klassiker der Fantasyliteratur, der natürlich auf keiner dieser Listen fehlen darf. Erzählt wird eine klassische Heldenreise im Kampf des Guten gegen das Böse. Doch hier sind es die eher unscheinbaren kleinen und unbedarften Hobbits, die zu den wahren Helden der Geschichte avancieren. Mit seiner epischen Erzählung über die Reise der Gefährten, große Schlachten, böse Geister und dunkle Herrscher wollte der Professor aus Oxford eine eigene Mythengeschichte für England schaffen, ähnlich der Edda oder dem Gilgamesch-Epos. Und dies gelang ihn mit seinem über Jahrzehnte ausgearbeiteten Kosmos um Mittelerde, der der Handlung von Der Herr der Ringe seinen Rahmen gab und das Werk so einzigartig macht. Gewaltiger und bis ins kleinste Detail ausgearbeiteter Weltenbau, mit einer Geschichte, die zu Herzen geht und neben all den großen Schlachten voller wunderbarer kleiner Momente steckt. Auch wenn einige Dinge, wie die Darstellung der Frauen und manche kolonialistisch beeinflusste Elemente, heute äußerst überholt wirken.

Die Herren von Winterfell | George R. R. Martin (A Game of Thrones, Das Lied von Eis und Feuer, 1996–???)

Schon lange vor dem weltweiten Erfolg der HBO-Serie Game of Thrones gehörte George R. R. Martins Fantasyserie Das Lied von Eis und Feuer zu den erfolgreichsten und beliebtesten Serien des Genres. Vor allem, was die ersten drei Bände A Game of ThronesA Clash of Kings und A Storm of Swords (auf Deutsch in sechs Bände aufgeteilt) angeht, während bei den beiden Folgebänden A Feast for Crows und A Dance with Dragons die Meinungen auseinandergehen, da viele den Eindruck gewannen, Martin wären die Zügel in der Handlungsführung entglitten. Doch die Bände 1 bis 3 gehören zum Besten, was die Fantasy zu bieten hat, mit ihrem Kampf um die Thronfolge Robert Baratheons und die Herrschaft über die sieben Königreiche. Von den Rosenkriegen inspirierte Intrigenfantasy mit gelegentlichen Schlachtengemälden, vielschichtigen Figuren und dunklen Mysterien und Bedrohungen in einer ambivalenten Welt. Ob die Buchserie ein besseres Ende finden wird als ihr TV-Pendant, bleibt abzuwarten.

Der Hobbit | J. R. R. Tolkien (The Hobbit, 1937)

Wer nur die Filme von Peter Jackson kennt, dürfte sich bei der Erstlektüre wundern, statt eines epischen Schlachtengemäldes ein klassisches Kinderbuch vorzufinden. Ob Tolkien das Buch wirklich nur für seine Kinder schrieb, ist nicht ganz geklärt; nachdem er 1930 mit der Entwicklung der Geschichte begann, versetzte er sie recht schnell in die Welt seine Silmarillions, an der er schon seit 1917 arbeitete. Erzählt wird vom Hobbit Bilbo, der in einem Loch im Boden lebt und von dem geheimnisvollen Zauberer Gandalf aus seinem beschaulichen Leben gerissen und mit dreizehn Zwergen auf ein Abenteuer geschickt wird, um das Erbe des Zwergenkönigs vom bösen Drachen Smaug zurückzuholen. Und währenddessen stolpert er über einen kleinen, unscheinbaren Ring, der später noch so viel Ärger verursachen soll. Tolkien erzählt seine Geschichte mit viel Humor, voller aufregender Abenteuer und Wesen, aber einfach gehalten, ohne die ausschweifenden Erklärungen, die später im Herrn der Ringe folgen. Eine kurze und knackige Geschichte, die sicher auch vom Weltenbau seines Hauptwerkes lebt.

Ich bin Circe | Madeline Miller (Circe, 2018)

Der aktuellste Titel auf dieser Liste. Abseits von Rick Riordan findet man die griechische Mythologie eher selten in der Fantasy. Madeline Miller schreckt das nicht ab. Kunstvoll erzählt sie von Circe, der ungewollten Tochter des Sonnengotts Helios und der Nymphe Perse, die sich unter den Menschen wohler fühlt als bei den Göttern und durch das Studium der Natur zu einer mächtigen Zauberin wird. Dabei betrachtet Miller die Figur der Circe – die im Homers Odyssee noch eine Schurkin war, die Männer in Schweine verwandelt – aus einer anderen, frischen Perspektive und gibt ihr mehr Raum, als Frauen in der griechischen Mythologie normalerweise erhalten.

Die infernalische Traummaschinen des Doktor Hoffman | Angela Carter (The Infernal Desire Machines of Doctor Hoffman, 1972)

Angela Carter war eine britische Autorin, die vor allem für ihre Arbeiten zum Feminismus bekannt ist. Ihr bekanntestes Werk dürfte die Kurzgeschichte Zeit der Wölfe sein, die 1984 von Neil Jordan verfilmt wurde. In Die infernalische Traummaschinen des Doktor Hoffman vereint sie Feminismus mit Elementen des Surrealismus ebenso wie mit dem magischen Realismus und postmodernen Versatzstücken. Die Handlung dreht sich um eine Stadt, die von den titelgebenden infernalischen Traummaschinen attackiert wird. Hauptfigur ist der Beamte Desiderio, der in ein Verbrechen verwickelt wird, auf der Flucht allerlei Abenteuer erlebt und dabei dem Schurken Doktor Hoffman auf die Schliche kommt. Wie viele von Carters Werken ist der Roman mit sexueller Symbolik aufgeladen und spricht unbewusstes und verdrängtes Verlangen an.

Jonathan Strange & Mr Norrell | Susanna Clarke (2004)

Der 2004 erschienene historische Fantasyroman erzählt von Zauberern, die ihre Profession nur theoretisch ausüben, und von den beiden titelgebenden Protagonisten, die mit unterschiedlichen Ansätzen, die betuliche und konservative Zaubergesellschaft durcheinanderwirbeln, während am Horizont eine düstere Bedrohung durch den Rabenkönig an die Tür zu unserer Welt klopft. Ein meisterhaft und verzückend geschriebenes Buch, das dem beliebten viktorianischen Setting einen zauberhaften und verschrobenen Anstrich verpasst, stilistisch herausragend. War einer der letzten wirklich großen Weltbestseller der phantastischen Literatur, der auch Leser*innen jenseits des Genres begeistern konnte.

Jürgen: Eine Komödie um die Gerechtigkeit | James Branch Cabell (Jurgen, A Comedy of Justice, 1919)

Der 1919 erschienene Roman des US-amerikanischen Autors Cabell erzählt von einem alternden Pfandleiher im fiktiven Poictesme, der einen Wunsch erfüllt bekommt und daraufhin seine Frau verschwinden lässt. Was er aber schnell bereut, weshalb er sich in verschiedenen Traumreichen auf die Suche nach ihr begibt. Cabell spielt hier humorvoll mit der Artus-Legende und Dantes Göttlicher Komödie und bietet eine satirische Allegorie auf James Branch Cabells Leben mit all seinen Lastern. Noch mehr Aufmerksamkeit erhielt das Buch, als die New York Society for the Suppression of Vice (Gesellschaft für die Unterdrückung von Lastern) versucht, das Buch verbieten zu lassen. Der Einfluss reicht weit, Alaister Crowley lobte das Werk und ließ sich ebenso davon inspirieren wie Robert A. Heinlein zu seinem Roman Fremder in einem fremden Land.

Kane | Karl Edward Wagner (Kane, 1970–1994)

Inspiriert durch die biblische Geschichte von Kain und Abel lässt Karl Edward Wagner seinen Antihelden nach einem Brudermord mit dem Fluch des ewigen Lebens durch eine düstere Sword & Sorcery-Welt wandeln. Kane ist kein sympathischer Zeitgenosse, Krieger und Zauberer, Abenteuer und Eroberer, mal Held, mal Schurke. Drei Romane und 17 Kurzgeschichten sind zu Kane erschienen. Bastei/Lübbe veröffentlichte die meisten davon in den Bänden Das Buch Kane und Kane der Verfluchte, sie zeichnen sich durch ihre stilistische und narrative Vielseitigkeit aus. Als Lesetipp sei die wunderschön betitelte und atmosphärisch unglaublich dichte Kurzgeschichte Spiegelbild für den Winter meiner Seele genannt.

Kleine Freie Männer | Terry Pratchett (The Wee Free Men, Scheibenwelt, 2003)

Ein Märchen von der Scheibenwelt, das zwar zu den Hexen-Romanen gehört, sich aber vor allem auf die neunjährige Tiffany Weh konzentriert, während Oma Wetterwachs und Nanny Ogg Nebenfiguren bleiben. Wie schon in Maurice der Kater richtet sich Pratchett an eine jüngere Leserschaft. Hier geht es um Tiffanys Kampf gegen die böse Feenkönigin, den sie mit Hilfe einer Bratpfanne und der kleinen freien Männer vom Clan Wir sind die Größten! bestreitet. Dabei handelt es sich um fünfzehn Zentimeter große Kobolde, die ihre Zeit am liebsten stehlend, prügelnd und saufend verbringen. Der Roman ist ein weiteres Beispiel dafür, wie vielseitig die Scheibenwelt ist und mit welcher Vielfalt an Genres und Themen sich Pratchett als Autor in ihr bewegen konnte. Es folgten noch vier weitere Bücher um Tiffany Weh.