BUCH
Judith Vogt, 26.11.2021
Weiter geht es mit unserer Kolumne über großartige Frauen in der Science-Fiction-Literatur. Heute im Porträt: C. J. Cherryh, die zwischen 1979 und 1989 dreimal den Hugo-Award erhielt.
Die Initialen C. J. stehen für Carolyn Janice, und um es gleich vorwegzunehmen: Die 1942 geborene Cherry beschloss Ende der Siebziger, nur mit ihren Initialen zu veröffentlichen, um in der männlich dominierten Science-Fiction-Szene den Frauennamen zu verhehlen. Ihrem Nachnamen fügte sie ein -h hinzu, denn ihr erster Lektor fand, „Cherry“ höre sich zu sehr nach dem Romantikgenre an. Ich kommentiere das nicht. Lest mein Augenrollen zwischen den Zeilen.
Tippen statt kopieren
Cherryh wurde in St. Louis, Missouri, geboren und wuchs in Lawton, Oklahoma auf. Sie begann das Schreiben im Prinzip als jugendliche Fanfiction-Autorin: Als ihre Lieblingsserie „Flash Gordon“ abgesetzt wurde, schrieb sie einfach Fortsetzungen. Fantasy und Science-Fiction lagen offenbar in der Familie: Ihr Bruder David A. Cherry wurde Künstler und Illustrator fürs Phantastikgenre. Und auch Cherryhs Partnerin, Jane Fancher, die sie 2014 heiraten konnte, ist SFF-Autorin und -künstlerin. Die beiden leben heute in Spokane, Washington.
Cherryh schloss 1965 ihr Latein-Studium ab und arbeitete als Lehrerin an einer High-School in Oklahoma, wo sie Latein, Altgriechisch und Geschichte unterrichtete und für alles rund um römische und griechische Mythologie, Kultur und Religion brannte. In den Sommerferien führte sie Studierende durch Ruinen in Europa. Naheliegenderweise nutzte sie die klassischen Mythen auch für ihre Science-Fiction-Romane, wobei sie – anders als die meisten Autor*innen ihrer Zeit – nicht die übliche Laufbahn von der Kurzgeschichtenschreiberin für Magazine zur Romanschreiberin einschlug, sondern gleich Romanmanuskripte schrieb und einsandte. Zunächst stieß sie dabei nur auf Ablehnung – und noch schlimmer: Da manche Verlage ihre Manuskripte „verloren“, war sie gezwungen, ihre Kohlepapierdurchschläge erneut abzutippen, was billiger war, als sie zu kopieren. 1975 endlich war diese Durststrecke überwunden und DAW Books erwarb die Rechte für „Gate of Ivrel“ und „Brothers of Earth“, die beide 1976 erschienen. 1977 erhielt sie den John W. Campbell-Award (siehe Porträt Nr. 16!) als beste Newcomerin. Ende der Siebziger hatte sie bereits acht Romane veröffentlicht und 1979 für eine ihrer wenigen Kurzgeschichten, „Cassandra“, ihren ersten Hugo-Award eingeheimst.
„Downbelow Station“ / „Pells Stern“, der Science-Fiction-Roman, der oft mit „Babylon 5“ in Verbindung gebracht wird (auch wenn Michael Straczynski auf Twitter klargestellt hat, dass er ihn bei der Konzeption der Serie nicht kannte), erhielt 1982 den Roman-Hugo, gefolgt von „Cyteen“ im Jahr 1989 – und sie ist noch nicht am Ende angekommen, doch dazu später mehr.
Um ihren Science-Fiction-Kosmos auszubauen, arbeitete sie mit der Hilfe eines Atari-Computers an realen Sternenkarten, berechnete Routen zu den nächsten Sternen unter der Annahme fortgeschrittenerer Technik. Wenn neue Erkenntnisse aus der Astronomie dazu kamen, fragte sie sich stets, ob nun ihre Vision hinfällig war, doch: „Nein, nicht wirklich. Wenn überhaupt, wissen wir jetzt noch faszinierenderes Zeug. Ich habe mir einfach Notizen gemacht.“