Science Fiction

Ein Zukunftscaptain feiert Jubiläum

Ein Zukunftscaptain feiert Jubiläum Banner
© Toei Animation

FILM

 

Peter Osteried, 18.10.2020

Vor vierzig Jahren startete im ZDF eine Zeichentrickserie, die die Phantasie der jungen Zuschauer beflügelte: Captain Future. Seitdem hat sie sich zum Klassiker entwickelt, auf den die etwas älteren Science-Fiction-Fans verzückt und nostalgisch zurückblicken.

Von 1978 bis 1979 lief in Japan die von Toei Doga produzierte Anime-Serie Captain Future mit 52 Folgen. Dazu kam noch ein Serienspecial.  Dabei orientierte man sich an den Romanen von Edmond Hamilton, die dieser in den 1940er Jahren verfasst hatte. Aus heutiger Sicht sind diese Romane schon einigermaßen angestaubt, gehören mit ihrem pulpigen Flair aber zu den kleineren Klassikern des Genres. Davon überzeugen kann man sich bei der seit 2011 im Golkonda- Verlag erscheinenden Gesamtausgabe, in der auch die neueren Arbeiten von Alan Steele präsentiert werden.

Obwohl die Romane die Basis für die Anime-Serie bilden, gab es doch zahlreiche Veränderungen. Die Hauptfiguren blieben mehrheitlich gleich, mit dem jungen Ken Scott wurde allerdings eine Nebenfigur der Romane zu einer der Hauptfiguren der Fernsehserie gemacht.

 

Der Held der Zukunft

Curtis „Curt“ Newton ist der Sohn der genialen Wissenschaftler Elaine und Roger Newton. Er muss schnell erwachsen werden, denn seine Eltern werden von dem finsteren Schurken Victor Corvo umgebracht. Da ist Curt erst acht Jahre alt. Der Roboter Grag und der Android Otto übernehmen zusammen mit Professor Simon Wright, einem lebenden Gehirn, seine Erziehung.

Der Junge reift heran und entschließt sich, sein Leben als „Captain Future“ in den Dienst des Guten zu stellen. Er wird ein genialer Wissenschaftler und Abenteurer, dem zur Seite auch die attraktive Agentin der Planetaren Polizei Joan Landor steht. Mit dem Raumschiff Comet reisen sie durchs All, immer danach trachtend, dem Guten zum Sieg zu verhelfen.

Die frei auf den Romanen von Edmond Hamilton basierende Zeichentrickserie war in Deutschland und Europa ein weit größerer Hit als in Japan.

Die Geschichten sind spannend und mitreißend gestaltet; was Captain Future aber damals schon auszeichnete, ist der Umstand, dass sie nicht explizit nur Kinder unterhält. Hier sind interessante SF-Konzepte und -Geschichten vorhanden, die für ein erwachsenes Publikum nicht minder interessant sind. Das wiederum hat die Serie auch gut altern lassen. Mehr als vier Jahrzehnte sind natürlich nicht spurlos an ihr vorübergegangen. Das merkt man vor allem an der Animation.

Die Zeichnungen entsprechen dem Standard, den Animes Ende der 1970er Jahre hatten. Sie erfüllen ihren Zweck und sehen durchaus gut aus, sind aber natürlich nicht mit modernen Produktionen vergleichbar. Captain Futures Koteletten verorten die Produktionszeit klar in den 1970er Jahren, ansonsten hat Animation aber den Vorteil, besser zu alten als eine Realserie. Zudem punktet Captain Future immer noch mit den tollen Designs. Die Serie ist ein Klassiker nicht nur der Animation, sondern auch der Science Fiction.

Captain Future kommt nach Deutschland

Die Serie wurde 1980 im Programm des ZDF ausgestrahlt. Der damalige Leiter des Kinder- und Jugendprogramms, Josef Göhlen, war überzeugt, dass Science Fiction die Zielgruppe erreichen würde. Darüber hinaus hatte man hier eine Fernsehserie, die nicht nur Vorschulkinder ansprechen sollte.

Es waren jedoch Überarbeitungen vonnöten, um die Serie im Kinderprogramm zu platzieren. Im Original bilden immer vier Folgen einen Handlungsbogen. Diese vier Folgen komprimierte man im Deutschen mit einer Ausnahme zu drei Episoden. Darum wurde einiges im Zuge des Jugendschutzes gekürzt. Die Musik wurde von Christian Bruhn komponiert, da man den originalen Score des Jazz-Musikers Yūji Ōnicht nicht nutzen wollte. Ein Glücksfall, da die deutsche Musik um Welten überlegen ist, wie man auch bei der Blu-ray-Veröffentlichung sehen kann, die auch die Originalversionen enthält. Bruhns Titelthema gehört immer noch zum Schönsten und Erhebendsten, was je für eine Serie komponiert wurde.

Nach der Erstausstrahlung im Jahr 1980 wurde die Serie fast jährlich wiederholt. 1985 war sie dann bei SAT 1 zu sehen. 1990 wanderte sie zu Pro Sieben, 1993 dann zum Kabelkanal, aus dem Kabel 1 wurde, wo die Show 1995 noch einmal wiederholt wurde. 2002 und 2004 strahlte Tele 5 Captain Future aus. Danach war es lange ruhig um die Serie, 2017 und 2019 traf man sie jedoch im Programm von RTL Nitro an.

  

Das Drumherum

Captain Future war in Deutschland ein immenser Erfolg, weswegen es auch reichlich Merchandise-Material gab. Neben Brett- und Kartenspielen gab es auch Modelle der Raumschiffe und verschiedene Actionfiguren.

Von 1981 bis 1984 veröffentlichte Bastei fünfzehn Romane (nachdem der Erich Pabel Verlag in den 1950er Jahren schon ein paar Romane als Captain Zukunft innerhalb der Reihe Utopia Zukunftsroman veröffentlicht hatte). Bastei publizierte aber auch selbstproduzierte Comics zu dem Serienerfolg. Von 1980 bis 1983 gab es so 80 Hefte, die von 1981 bis 1985 von einer 18-teiligen Taschenbuchreihe flankiert wurden. Die Umschlagzeichnungen stammten von dem Illustrator und späteren Computerspiel-Grafikdesigner Celâl Kandemiroğlu und sehen um Welten besser aus als der Innenteil, der recht plakativ den Stil der Zeichentrickserie nachahmt. Die Geschichten wurden teilweise als Fortsetzungsgeschichten in Fernsehmagazinen wie Hörzu veröffentlicht.

Schon 1980 und 1981 gab es zwei Hörspiele, die aber nur aus Dialogen der Fernsehserie zusammenmontiert waren. Von 2012 bis 2015 wurden dreizehn „inszenierte Hörbuchfassungen“ produziert, die auf den Romanen basieren und sich damit von der Fernsehserie abheben. Dafür hat man, soweit das noch möglich war, die Synchronsprecher der Fernsehserie engagiert und das Ganze mit der Musik von Christian Bruhn unterlegt. Den Soundtrack gab es auf CD, später erschien noch eine Remix-CD.

Die für ihre Amateurfilme bekannten Geschwister Brandl präsentierten 2018 ihren Fanfilm The Captain, dem man das Minimal-Budget schon ansieht – die Computeranimationen sehen aus wie aus der Frühzeit der Technik. Ende März erscheint vom Verlag In Farbe und Bunt übrigens das erste Sachbuch, das sich mit der Show befasst: Es lebe Captain Future.

Die Zukunft ist Vergangenheit

Es ist erstaunlich, wie gut sich Captain Future gehalten hat. Natürlich ist es schwierig, die Serie zu bewerten, wenn man zugleich mit nostalgischen Gefühlen darauf zurückblickt. Aber auch objektiv gesehen, ist dies eine Science-Fiction-Serie auf hohem Niveau, deren Geschichten ausgeklügelt genug sind, dass sie eben nicht nur als kindliche Unterhaltung fungieren. Das sind sie natürlich auch, aber Captain Future zeichnete sich immer schon durch mehr aus. Die Figuren, deren Interaktion, die Geschichten – das alles kann problemlos mit den besten real gefilmten Science-Fiction-Serien jener Zeit mithalten. In manchen Fällen übertrumpft der gute Captain die Konkurrenz sogar.

Die Fans warten seit Jahren auf ein neues Lebenszeichen von Captain Future. Auf mehr als Hörspiele und neue Bücher. Ein Film ist der feuchte Traum. Seit 2010 besitzt Christian Alvart die Verfilmungsrechte an der Serie, das Projekt scheitert aber bisher an der Finanzierung, da eine Umsetzung mit einem hohen Budget verbunden wäre – und das bei einem Stoff, der im Grunde nur in Europa wirklich Kultstatus besitzt. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt, und irgendwann fliegt die Comet vielleicht über die Leinwand ...