Science Fiction

Die besten Science-Fiction-Filme aller Zeiten: Interstellar (2014)

Die besten Science-Fiction-Filme aller Zeiten: Interstellar (2014)
Phillip P. Peterson
26.11.2018

Bestsellerautor Philip P. Peterson hat sich noch einmal die zehn besten Science-Fiction-Filme über die Raumfahrt angesehen. In der heutigen Folge: "Interstellar" von 2014.

Die Spezialeffekte brachten wissenschaftliche Artikel zur Relativitätstheorie hervor. Der von Physiknobelpreisträger Kip Thorne erdachte und von Kultregisseur Christopher Nolan auf die Leinwand gebrachte Film bot aber nicht nur Kost für Wissenschaftler, sondern überzeugte mit seiner Mischung aus Action und existenziellen Fragen auch die Kinobesucher. 

»Interstellar« war der erfolgreichste Science-Fiction-Film 2014. Der Streifen geht auf ein achtseitiges Treatment des bekannten Gravitationsphysikers Kip Thorne zurück, das er mit einer befreundeten Produzentin geschrieben hat. In seinem Handlungskonzept sollte sich noch eingehender mit den Wurmlöchern und auch schwarzen Löchern beschäftigt werden. Zunächst meldete Steven Spielberg Interesse an und engagierte Jonathan Nolan als Drehbuchschreiber, der vier Jahre mit dem Skript verbrachte. Nachdem Spielberg dann das Projekt verließ, sprang Christopher Nolan als Regisseur ein und brachte eine Vielzahl neuer Ideen für die Handlung mit.

Ein Wurmloch in Jupiternähe

Zur Handlung: In der Zukunft geht es mit der Erde bergab. Mehltau-Pilze vernichten weltweit die Ernten, die Menschheit fällt in eine verzweifelte Agrargesellschaft zurück und kämpft ums Überleben. Die technischen Wunder des zwanzigsten Jahrhunderts sind lange Geschichte und der Untergang der Menschheit ist bereits absehbar. Der frühere Pilot und Ingenieur Cooper (McConaughey) lebt mit seinen Kindern auf seiner Farm, als er scheinbar per Zufall einem geheimen NASA-Programm auf die Spur kommt: Man hat am Saturn ein Wurmloch entdeckt, das in ein fernes Sternensystem führt. Die dortigen Planeten umkreisen ein gigantisches Schwarzes Loch. In der Vergangenheit wurden bereits Astronauten dorthin entsandt und drei Welten des Systems scheinen tatsächlich bewohnbar zu sein. Mit einer Crew soll Cooper durch das Wurmloch fliegen und die drei Planeten genauer untersuchen. Sie erweisen sich jedoch als lebensfeindlich, mit kilometerhohen Tsunamis und gefrorenen Wolken. Gleichzeitig lässt das nahegelegene Schwarze Loch je nach Standort im fremden System die Zeit deutlich langsamer als auf der Erde vergehen. Schon nach der ersten Landung der Astronauten, die nur einige Stunden dauert, sind auf der Erde etliche Jahre vergangen, bis letztendlich Cooper viel jünger als seine zurückgelassenen Kinder ist. Am Ende gibt es für ihn und das Überleben der Erdbevölkerung nur noch eine Hoffnung: den Sturz ins Schwarze Loch.

Interstellar
Warner Home Video

Relativität, Tod und Liebe

Christopher Nolan wagt sich hier an schwere Themen heran: der drohende Untergang der Menschheit, Wurmlöcher, Schwarze Löcher, Relativität, Tod und Liebe. Die Gefahr ist groß, dass man sich da verzettelt, und in der Tat ist das Timing nicht immer glücklich. Die erste Stunde zieht sich sehr lange hin, während man am Ende mit der Handlung kaum noch mitkommt. Im Eiltempo erfährt man, dass ein im Raumschiff zurückgebliebener Astronaut während des kurzen Aufenthalts der restlichen Crew auf einem Planeten wegen der Zeitdilatation 23 Jahre allein verbracht hat. Eine faszinierende Ungeheuerlichkeit, die viel zu schnell abgehakt wird, weil es in der Handlung weitergehen muss.

Der Film beschäftigt sich intensiv mit physikalischen Themen. Das bringt, ähnlich wie bei »Gravity«, wieder die Besserwisser auf den Plan, die sich schleunigst auf die Suche nach Fehlern begeben und den Streifen deswegen kritisieren. Selbstverständlich kann und soll sich ein Film künstlerische Freiheiten nehmen, denn es ist ja immerhin noch Unterhaltung und kein Lehrvideo. Andere Hard-SF-Streifen sind da viel dramatischer am Realismus gescheitert, wie zum Beispiel »Starflight One«, »Mission to Mars« oder »Armageddon«. Außerdem ist »Interstellar« keineswegs unrealistisch, und wer sich über vermeintliche Fehler aufregt, möge bitte zunächst das Buch »The Science of Interstellar« von Kip Thorne lesen, bevor er den Mund aufmacht. Nach der Lektüre dieses Buches und einigen eigenen Berechnungen haben sogar Physiker wie Phil Plait ihre ersten Verrisse reumütig wieder zurückgezogen.

Swingby-Manöver über dem Ereignishorizont

Der Film baut, ähnlich wie »2001«, auch die eine oder andere esoterisch angehauchte Passage ein. Wenn Astronaut Cooper im Schwarzen Loch auf unglaubliche Weise mit seiner weit entfernten Tochter kommuniziert, ist das eine Referenz an das Ende des Science-Fiction-Klassikers. Einige Kritiker bemängeln daher auch die Ähnlichkeit zum Meisterwerk von Stanley Kubrick, was bei diesem Thema und der Umsetzung aber nicht ausbleiben kann. Auch an andere Meilensteile des Genres wie »Der Stoff, aus dem die Helden sind« erinnert »Interstellar«.

Das sollte man dem Streifen aber nicht vorwerfen, denn er hat genug Originelles zu bieten. Ich kann mich zum Beispiel an keinen Film erinnern, der sich so ausgiebig mit den Effekten der Zeitdilatation beschäftigt. Im Gedächtnis bleibt auch die hervorragend inszenierte Sequenz des Andockens an das havarierte, rotierende Mutterschiff, die ihrerseits wieder an die Andocksequenz von »2001« erinnert, aber weit darüber hinausgeht. Absolut fantastisch sind die Bilder von Wurmloch und Schwarzem Loch. Sie sind realistisch wiedergegeben, nachdem Kip Thorne eng mit der Spezialeffektfirma zusammengearbeitet und neue Gleichungen dafür hergeleitet hat, was übrigens wissenschaftliche Aufsätze in Fachzeitschriften nach sich zog. Das Swingby-Manöver knapp über dem Ereignishorizont des Schwarzen Lochs gehört sicher zum visuell faszinierendsten und dramatischsten, was man in einem SF-Film bisher gesehen hat.

Es gibt einige Szenen mit sinnfreien Dialogen. Wenn zum Beispiel Amelia Brand (Hathaway) mit Cooper über die Liebe philosophiert, dann hört sich das schon sehr naiv an, aber diese Momente sind glücklicherweise die Ausnahme.

Insgesamt bleibt »Interstellar« ein faszinierender, zum Nachdenken anregender Film, hinter dem vor allem von wissenschaftlicher Seite mehr steckt, als man ihm vordergründig ansieht.

Phillip P. Peterson

Peterson arbeitete als Ingenieur an zukünftigen Trägerraketenkonzepten und im Management von Satellitenprogrammen. Neben wissenschaftlichen Veröffentlichungen schrieb er für einen Raumfahrtfachverlag. »Transport« war sein erster Roman, der zu einer erfolgreichen Trilogie ausgebaut wurde. Mit dem Astronautenthriller »Paradox« gewann er den Kindle Storyteller Award und den 3. Platz des Deutschen Science Fiction Preises. Petersen ist Filmliebhaber und schrieb das Sachbuch »250 Science-Fiction-Filme von 1902 bis 2016 – Eine Reise durch die Welt des utopischen Films«.